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X-Men

-- And how do they call you? Wheels? --

Szene aus X-Men

Info über X-Men (USA 2000)

Regie: Bryan Singer

Darsteller: Patrick Stewart, Ian McKellen, Hugh Jackman, Halle Berry, Famke Janssen, Anna Paquin

Inhalt: In der Zukunft fürchtet die Menschheit sich vor Mutanten, die gegen Vorurteile und Unverständnis ankämpfen müssen.

Kritik: Wie schön, wieder eine Comicverfilmung, die mir erlaubt, in der Einleitung kräftig gegen die fehlende Comickultur der Deutschen vom Leder zu ziehen: X-Men war vor allem deshalb in den USA so ein großer Erfolg, weil die Comicserie seit dreißig Jahren populäre Bekanntheitsarbeit geleistet hat. Hierzulande dagegen wissen die meisten nicht einmal, daß es so etwas wie "X-Men" oder "Spawn" überhaupt gibt! Und wenn ein Deutscher doch mal einen Comic kennt und liest, dann "nur Asterix" - und selbst der wird nur verschämt unter der Bettdecke gelesen. Es ist zum Heulen.

Denn X-Men hat es durchaus verdient, von einem breiteren Publikum wahrgenommen zu werden. Wenn man akzeptiert, daß es Menschen mit übermenschlichen Kräften aller Art gibt, wenn man daran glaubt, daß sie durch Wände gehen, Gegenstände bewegen oder das Wetter kontrollieren können, dann lacht man auch nicht, wenn die Charaktere allen Ernstes Namen wie "Cyclops", "Toad" oder "Magneto" benutzen oder Uniformen mit großen X-en tragen - im durchaus um ernste Themen wie Toleranz, Außenseitertum und Diskriminierung kreisenden Comic ist es ja nicht anders.
Bryan Singer weiß darum und bemüht sich um eine akkurate Adaption der Vorlage, streift hier Magnetos KZ-Vergangenheit (etwas deplaziert ist das in einem Major-Comic-Film schon, und Magnetos Angst vor Repressalien gegen Mutanten in direkter kausaler Verknüpfung auf seine Nazi-Erfahrungen zurückzuführen, ist schon ziemlich plump-psychologisch), führt da Professor Xaviers "Mutant High" auf sympathische Weise in schönen Sets vor und zeigt dort gekonnt, aber knapp die Folgen der intoleranten Reaktion der "normalen" Menschen auf die Mutanten (die unter ihrer Diskriminierung leiden). Dabei versumpft die Musik leider im 08/15-Action-Mittelmaß, eine richtige, direkte Konfrontation zwischen den beiden Anführern gibt es nicht, und die Schauspielleistungen, auch die der offensichtlich unterforderten Briten Stewart und McKellen als "old friends", erreichen nur durchschnittliche Höhen - keiner der Akteure ist wirklich schlecht (Hugh Jackman als rebellisch-aufmüpfiger Wolverine ist sogar ganz gut), aber leider ist auch keiner wirklich berauschend (die oscarprämierte Anna Paquin als großäugig heulende Rogue fällt etwas ab). Vielleicht liegt das ja an den wenig originellen Dialogen, die nur selten zünden.

Zünden tun dafür die explosiven und spannenden Kämpfe, die ein bißchen zwanghaft auch ja jede Fähigkeit der guten und der bösen Mutanten vorführen - von Cyclops' Brennstrahl über Dr. Jean Grays Telekinese bis zu Toads (Ray - einmal wird das parodiert - "Darth Maul" Park) "wicked tongue" wird keine Spezialität ausgelassen, wobei Magneto seinen bescheuerten Spastiker-Helm zum Glück nur einmal aufsetzt. Die Effekte könnten dabei manchmal noch etwas besser sein - einigen Einstellungen merkt man allzu deutlich die Herkunft aus dem Computer an, und die Cerebro-Szenen ("This certainly is a big round room") wirken fast schon wie eine seltsame Nahtoderfahrung. Was Bryan Singer an Effekten gespart hat, hat er dafür - man höre und staune, eine Seltenheit in modernen Actionfilmen - für etwas Charakterentwicklung und lustige Konfrontationen ausgegeben, die den einzelnen Figuren mehr Tiefe geben - und ausnahmsweise sind die Frauen hier mal keine Sexhäschen, sondern gleichberechtigte Mitstreiter.

So bewegt sich X-Men in ungewohnt gemächlichem und ernsthaftem Tempo durch einen stimmigen Plot mit nachvollziehbaren Wendungen bis zum Showdown, der allerdings recht zahm ausfällt, da das Tor für die Fortsetzungen (auf Betreiben der Marketingleute?) sperrangelweit offengelassen werden mußte. Einige läppische Hinweise und unbeantwortete Fragen tun ihr Übriges, und zurück bleibt ein etwas schaler Nachgeschmack eines gewollt offenen Endes mit der Androhung einer Fortsetzung. Denn da X-Men seine Charaktere und Schauplätze ernstnimmt, sich bemüht, seine Figuren in einer anspruchsvollen Umsetzung zu erforschen und zu ergründen und sie nicht der Lächerlichkeit preisgibt, kann man Bryan Singers Film durchaus zu den wenigen gelungenen Comic-Verfilmungen zählen und mit Filmen wie Batman vergleichen - und jeder weiß ja, was aus der Batman-Reihe geworden ist, nachdem Tim Burton den Regiestuhl verlassen hat (hehehe).

***1/2 von 5 Sternen.

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