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The Virgin Suicides

-- Lang lebe die amerikanische Kleinstadtwelt! --

Szene aus The Virgin Suicides

Info über The Virgin Suicides (USA 1999)

Regie: Sofia Coppola

Darsteller: James Woods, Kathleen Turner, Kirsten Dunst, Josh Hartnett, Danny DeVito, Hanna R. Hall

Inhalt: Der Selbstmord von fünf Schwestern, die von ihren Eltern an der kurzen Leine gehalten werden.

Kritik: Scott Adams, der Autor des furiosen Comicstrips "Dilbert", scherzt in seinen Büchern zuweilen, daß er keinem Produkt widerstehen könne, das Cindy Crawford empfiehlt; daher bestünde seine neue Garage vollständig aus Revlon-Lippenstiften. Ähnlich ergeht es mir mit den Filmen, in denen Kirsten Dunst mitspielt: koste es, was es wolle, ich muß sie einfach sehen, und seien sie noch so platt und schlecht wie Bring It On - solange Kirsten mitspielt, kann kein Film ein Totalausfall sein.

Die attraktive und talentierte junge Amerikanerin mit dem ungewöhnlichen, aber sehr melodischen Namen macht auch The Virgin Suicides dank ihrer außergewöhnlichen Präsenz und Ausstrahlung zu einem sehr gelungenen Film, wozu freilich auch die anderen guten Schauspieler und Sofia Coppolas stilsichere Regie beitragen. Zu passend-ätherischer Musik mit schön verträumt-milden, manchmal seltsamerweise etwas an David Hamilton erinnernden, weichzeichnerischen Bildern wird das Leben der fünf jungen, unter ihren oppressiven Eltern leidenden Lisbon-Schwestern Mitte der Siebziger in einer amerikanischen Kleinstadt gezeigt. Die Kinder werden authentisch-rebellisch von Dunst und den anderen (darunter eine junge Frau, die aussieht wie Uma Thurmans kleine Schwester) Schauspielerinnen gegeben, während James Woods als verstockt-schweigsam Baseballspiele guckender Mathelehrer und Kathleen Turner als rabiat-prüde Hausfrau erfolgreich und glaubwürdig die konservativen Lisbon-Eltern mimen.

Durch das die damaligen Ereignisse reflektierende Voiceover von Giovanni Ribisi wird schnell klar, daß die Schwestern sich getötet haben; letztlich geschehen die Selbstmorde aber doch einigermaßen überraschend. Vorher dürfen fünf Jungs noch den Schwestern auf liebenswert unbeholfene Weise nachstellen, wobei der Regisseurin und Drehbuchautorin aus dem Coppola-Clan einige sehr nette Szenen gelingen: auf der einzigen Party, die die Lisbon-Kinder (auf Anraten ihres Arztes Danny DeVito, der einen halbminütigen Gastauftritt absolviert) in ihrem Leben geben, versucht ein Junge, mit einem der Mädchen auf herrlich linkische Weise ins Gespräch zu kommen, während ein anderer Mrs. Lisbon mit plumpen Schmeicheleien um den nicht vorhandenen Bart streicht. Später üben sich die Jungs in Graphologie und versuchen, sich anhand von Party-Souvenirs und des Tagebuchs eines der Mädchen in die pubertäre Gedankenwelt der Lisbons einzufühlen (wobei ihnen jedoch nur Bilder kurzberockter Mädchen in einem von warmem Licht beschienenen Kornfeld einfallen...), und ein anderes Mal starren sie mit offenem Mund der sich in der Sonne räkelnden Lux Lisbon (Dunst) nach, statt sich auf den Matheunterricht zu konzentrieren.

Sofia Coppola hat sich einige Mühe gegeben, den Alltag und die Liebeleien amerikanischer Jugendlicher in den Siebzigern wahrheitsgetreu, aber nicht ohne Humor nachzustellen, was ihr auch ohne Umschweife gelungen ist. Der kiffende Paradeschönling Trip Fontaine, von Josh Hartnett selbstsicher und mit geschmeidigen Bewegungen gegeben, macht die amerikanische, auch hierzulande immer weiter verbreitete "Yes!"-Geste, nachdem er Lux' Vater das Einverständnis abgetrotzt hat, sie zum Homecoming-Ball begleiten zu dürfen; Lux malt sich Trips Namen auf ihre Unterhosen, was in einer lustigen Einstellung verdeutlicht wird, und Mrs. Lisbon setzt sich zielgenau zwischen Lux und Trip, um eine Annäherung der beiden während des gemeinschaftlichen Fernsehens zu verhindern. All dies erntet ob der gekonnt humorvollen Präsentation einige Lacher und Schmunzler (ein paar nette sozialkritische Anspielungen gibt es auch noch), aber letztlich endet die Beziehung der beiden in einer Katastrophe, was den Witzen einen etwas schalen Nachgeschmack verleiht. Zudem wird die Unterdrückung der Kinder zwar in Beispielen angedeutet, scheint aber nie so weit zu gehen, daß ein kollektiver Selbstmord angemessen wäre. Coppola macht es sich etwas zu leicht, indem sie die (womöglich nur von den Kindern als solche empfundenen) Suizidursachen schlicht nicht zeigt und den staunenden Zuschauer am Ende der 95 Minuten des schön inszenierten und erinnerungswürdig gut gespielten Filmes mit der "Warum?"-Frage und der Sinnlosigkeit des gemeinschaftlichen Freitodes weitgehend allein läßt. Aber vielleicht ist es ab und zu ganz gut, wenn "der Vorhang zu und alle Fragen offen" sind.

****von 5 Sternen.

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