Kritik:
Jaa, es war wieder
Zeit für eine Sneak. Aus unerfindlichen Gründen
willig, irgendeinen Film zu sehen, egal welchen, schleifte
ich einen Freund zu nächtlicher Zeit ausgerechnet in
dasselbe Kino, dessen zynischer Betreiber aus dem Reich der
Verdammten schon mit dem grausamen Office Killer
seinen unterirdischen Geschmack bewiesen hatte. Und wieder
hatte er zielsicher den Film ausgesucht, der im vergangenen
Quartal garantiert am allerwenigsten eingespielt
hat: American Virgin. Als "Live Virgin" ist
dieser Film lange Zeit in der Schublade vermodert (wegen
fehlender Qualität?), bis ein schlauer Marketingmensch
mit vom Drogenmißbrauch rotgeränderten Augen
erkannt hat, daß ja Mena Suvari mitspielt, seit ihren
Erfolgen American Pie und American Beauty ein
bekannter und zugkräftiger Star. Flugs also wurde der
Film - aller guten Dinge sind drei - in American Virgin
umbenannt und wieder auf den Markt geworfen, bis er in die
Hände des untoten Sneakmeisters fiel, um mir sodann in
seinem Höllenpfuhl vorgeführt zu
werden.
Trotz der
ortsbedingten Reminiszenzen an Office Killer
gestaltet sich American Virgin wenigstens teilweise
lustig. Die durchschnittliche bis unkonventionell gute
Kamera, die passable Musik und die bekannten Hauptdarsteller
machen den Film manchmal sogar zu einem genießbaren
und zwerchfellerschütternden Erlebnis, etwa wenn dem
wunderbar schmierig-ehrgeizigen Bob Hoskins ein impotentes
Pimmelchen auf seine Stirn tätowiert wird, wenn der
lustige Vincent Schiavelli den Sexanzug erprobt oder wenn
der jähzornig-sensible Robert Loggia den
farblos-schüchternen Ex-Freund von Mena Suvari bedroht.
Diese sieht mit ihren großen Augen, dem
kleinen Kopf, den dünnen Lippen und den winzigen
Zähnchen immer noch fast skurril aus, und eine
mittelmäßige Schauspielerin ist sie noch
dazu.
Vielleicht
gab ihr das schlechte Skript ja keine Gelegenheit zu
besseren Leistungen. Das Buch schlachtet die Jagd nach Mena
und die Rivalität zwischen den verfeindeten
Pornoherstellern zu sehr aus und dehnt sie solange, bis jede
Spannung herausgepreßt ist. Dazu paßt auch das
säubernde und vorhersehbare Happy-End, das sich genauso
prüde und hochgeschlossen wie der ganze Film
präsentiert. Ein Film, der im Pornomilieu spielt, muß natürlich nicht selbst zum Porno mutieren, aber ein
einziges Paar blanker Brüste in ganzen hundert Minuten ist
doch mehr als unrealistisch. Auch die Anspielungen auf die
moderne Talk-, Sex- und Sensationskultur gehen ob ihrer
schlampigen Präsentation unter, und so wird American
Virgin nur zu einer sinnentleerten Kanonade bizarren
Humors, humorvoller Wutausbrüche und kesser
Sprüche. Für das hinterste Videoregal reicht das
vielleicht, aber bestimmt nicht für die große
Leinwand.
von
5 Sternen.
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