Kritik:
Es gibt, gepriesen
sei Stuttgart, die Vielgescholtene, in unserer schönen
Schwabenmetropole, dem Stern des Südens, einige nette
Comicläden, die ich ab und zu aufsuche, um
ungestört in neuen und alten Comics wie in einem ewigen
Bilderrausch zu schwelgen. Schwelgen deshalb, weil die rohe
Energie der Superheldencomics, die ungezählten
japanischen Kreativitätsexplosionen und Serien wie Hal
Fosters mit geradezu unglaublicher Detailbesessenheit
gezeichneter "Prince Valiant" oder Winsor McCays
verträumter "Little Nemo" mich
regelmäßig ob ihrer unverbrauchten Magie ins Schwärmen
bringen. Ungestört deshalb, weil es bekanntlich - Cato
der Ältere wäre stolz darauf, daß sein
ceterum censeo auch 2150 Jahre nach seinem Tod noch aktuell ist - in Deutschland keine Comickultur gibt und die Läden somit meistens leerstehen.
Also war
ich um so überraschter, daß mit
Unbreakable tatsächlich ein Film in Deutschland
herausgekommen ist, der sich in einem für den (hypothetisch angenommenen) Durchschnittsdeutschen geradezu
lächerlich ernsthaft anmutenden Maße mit Comics
beschäftigt und sogar seinen ganzen Plot darauf
aufbaut. Die sehr schöne Szene, in der Samuel L.
Jackson einen ignoranten, nach einem Geschenk für
seinen vierjährigen Sohn suchenden Mann mit dem Hinweis
darauf, daß seine Comic-Galerie kein
Spielwarengeschäft, sondern eine Kunsthandlung ist, des
Ladens verweist, gibt die Leitlinie für den restlichen
Plot vor, in dem Bruce Willis als David Dunn auf
wundersame Weise ein (nur in seinen Nachwirkungen
gezeigtes) Zugunglück überlebt und von Jackson (mit einer ungewöhnlich schlecht-asymmetrischen
Frisur) als Elijah Price mit der Theorie konfrontiert wird,
daß er ein unzerbrechlicher Superheld sein soll.
Inszeniert wird das Ganze von M. Night Shyamalan, der ein
Jahr zuvor mit dem mysteriösen The Sixth Sense
einen Überraschungshit gelandet hat, der talentierte
James Newton Howard liefert wieder einen ordentlichen Score, und
Eduardo Serra filmt die Akteure (neben Willis und Jackson
eine engagierte Robin Wright und ein für ein Kind sehr
talentierter Spencer Treat Clark) in originell-ästhetischen und leicht mit Glassymbolismus überladenen
Einstellungen, die das etwas penetrante Blau-Blau-Setdesign
eindringlich zur Geltung bringen.
Indes, eine
Bewertung von Unbreakable fällt trotz der guten
Einzelleistungen (der alternde Ex-Actionstar Brucey
könnte es mit den richtigen Rollen tatsächlich
schaffen, trotz seiner immer noch wenig facettenreichen,
aber sympathischen Mimik ins Charakterfach zu wechseln: hier
wirkt seine einzige Prügelszene tatsächlich so
deplaziert-ungewohnt, wie es ein grammatikalisch korrekter Satz in seinen Die
Hard-Eskapaden gewesen wäre - dafür ist die Eröffnungs-Flirtszene, die ohne einen einzigen Schnitt und aus einer ungewöhnlichen Perspektive gedreht wurde, um so überraschender; und Jackson als
zerbrechlicher Elijah Price zeigt wieder einmal seine
unnachahmlich coole Erstklassigkeit) schwer: der Plot, der
in einer etwas angestrengt-undurchdachten, wenig umwerfenden Wendung
mit einem "coolen" Spruch endet, verlangt eine in den
realistischen Sets unmäßig hoch wirkende
suspension of disbelief. Superheldencomics sollen
also übersteigerte Abbilder der Wirklichkeit sein,
und es gibt wirklich gute Menschen mit
übernatürlichen Fähigkeiten, denen böse
Menschen mit entgegengesetzten Fähigkeiten
gegenüberstehen. Shyamalan läßt den
Zuschauer zwar (trotz der pseudodokumentarisch-peinlichen
Texttafeln am Anfang und am Ende) weitgehend im Unklaren, ob
die Ereigniskette des Filmes nur eine Abfolge von
Zufällen oder eine Bestätigung von Prices Theorie
ist, aber auch aufgeschlossene Kinobesucher werden zu
Ersterem tendieren, da Comic-Verhältnisse ohne entsprechend unrealistische
Comicwelten (wie zum Beispiel in X-Men) nicht so
richtig funktionieren. Insofern schadet der eigentlich
behutsam-liebevoll gezeigte und anrührend gespielte
Versöhnungs-Subplot von Willis und Wright dem Film
eher, als ihm zu nutzen, denn in einer Welt mit glaubhaften
Lovestories wäre auch Lois' Liebe zu Clark nur die recht lächerliche Schwäche für einen
Mann, der seine Unterhose über seinen Leggings
trägt.
Zusammengefaßt
also ist Unbreakable eine handwerklich tadellos
inszenierte Mischung aus getragen-kunstvoller
Erkenne-Dein-Superhelden-Selbst-Story und einfühlsamer
Ich-will-Dich-zurück-Romanze, die jeweils für sich
auch gehobenen Ansprüchen genügen würden; in
der unglücklichen Verbindung des Filmes jedoch
neutralisieren sie sich gegenseitig, und zurück bleiben
- wie ironisch - nur Splitter, manche immer noch leuchtend
wie Kristalle, andere aber matt wie Scherben.
  1/2 von 5 Sternen.
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