Kritik:
Bestimmte Filme
vermögen es, in bestimmten Kreisen eine bestimmte Saite
immer wieder zum Klingen zu bringen, so daß dieser
Film in diesen Kreisen gerne als "Kult" bezeichnet wird. Was
für Reiswerfer The Rocky Horror Picture Show,
ist für Angehörige der Computerzunft der
Disney-Film Tron. Einer unvoreingenommenen
Überprüfung hält Steven Lisbergers Werk jedoch nur zum Teil stand.
Natürlich
wirken manche Effekte für heutige, an aufwendigste
Illusionen gewöhnte Augen nur mehr lächerlich.
Aber dennoch haben es die Disney-Spezialisten geschafft,
eine weitgehend überzeugende und sehr phantasievolle
Vision des Computerinneren zu schaffen. Angefangen bei den
"Programmen", die sich in etwas bescheuerten,
unterschiedlich gefärbten (blau = gut, rot = böse)
Kampfpyjamas umherbewegen, über die rasanten und
spannend umgesetzten Gladiatorenspiele (das Motorradrennen!)
bis zu den aufwendigen Kamerafahrten merkt man die liebevolle Arbeit der Macher in jeder Einstellung. Wenn man
heute über die pixeligen Panzer und die klobigen
fliegenden Stahlträger lacht, muß man sich vor
Augen rufen, daß zur damaligen Zeit gerade die
Todesstern-Animation in Star Wars: Episode VI - Return Of The
Jedi das Höchste der Gefühle war. Tron
trumpft sogar noch mit einem durchgehend einheitlichen,
dunkelblauen Setdesign auf, das die Leuchtanzeigen
effektvoll zur Geltung bringt und klarmacht, daß die
Handlung sich in einer fremden Welt abspielt, für deren
detailreiche Erschaffung einige Mühe verwandt wurde -
die futuristischen Arrestzellen mit Energiebarrieren, der
schöne Energiesegler oder das bedrohliche
Kontrollraumschiff sind nur drei Beispiele. Kein Wunder,
daß Steven Lisbergers Film daher bis heute eine
große Inspirationsquelle für Video- und
Computerspiele, Filme, Gemälde und Kunstwerke aller Art
ist.
Aber leider
nur in designtechnischer Hinsicht. Denn die Story und die Schauspieler wurden, da das meiste Budget wohl für die Tricks draufgegangen ist, nur beim billigen Jakob eingekauft. Sowohl David Warner auf
Bösewicht-Autopilot als auch Jeff Bridges als von
seinem Können überzeugter Videospiele-Crack und
Bruce "Sheridan" Boxleitner als blasser
Dilbert-Vorgänger agieren weit unter ihren ohnehin
nicht überragenden Möglichkeiten, und Cindy Morgan
darf auch nicht mehr als das Bunny abgeben, das im
stereotypen, vorhersehbaren, kreuzbraven und
schablonenhaften Lovestory-Subplot von allen begehrt wird.
Dazu kommt noch der einfallslos-lineare, durchschnittlich
gefilmte und vertonte "Sprengt die Bösen in die
Luft"-Hauptplot, der wenigstens durch hemmungslos skurrilen
Pseudo-Computerslang (das Bit, der "Identitätsdiskus",
der Input/Output-Tower, "Wir kommen erst in sechs
Nanosekunden an"...), ein bißchen Action und einige
harmlose Scherze aufgemöbelt wird. Ein Mitstreiter
stirbt zwischendurch noch den Heldentod, aber das Happy-End
(die Zerstörung des gemeinen Masterprogrammes) ist
natürlich nie ernsthaft in Gefahr. So etabliert sich
Tron als technisch-graphisch zwar innovatives, aber inhaltlich hausbacken-überraschungsloses Sci-Fi-Abenteuer.
  von
5 Sternen.
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