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The Time Machine

-- Verschwendete Zeit --

Szene aus The Time Machine

Info über The Time Machine (USA 2002)

Regie: Simon Wells

Darsteller: Guy Pearce, Samantha Mumba, Jeremy Irons, Orlando Jones, Mark Addy, Sienna Guillory

Inhalt: Ein Wissenschaftler erfindet eine Zeitmaschine, um Vergangenes wieder gegenwärtig werden zu lassen.

Kritik: Luna, der Mond der Erde, hat die Entstehung des Lebens auf unserem Heimatplaneten in so gewaltigem Maße günstig beeinflußt, daß ihm darin nur noch unsere Sonne Sol und die Erde selbst gleichkommen. Die Entstehung des knapp 3500 Kilometer durchmessenden, nur ca. 400000 km entfernten Trabanten ist umstritten, jedoch gilt als wahrscheinlich, daß er aus der Kollision der Erde mit einem großen fremden Himmelskörper hervorgegangen ist. Der Mond dreht sich in einem siderischen Monat (27,32 Tage) sowohl um sich selbst als auch um die Erde, weswegen er ihr immer dieselbe Seite zuwendet. Ohne den sympathischen Himmelskörper würde die Erdachse alle paar Millionen Jahre um bis zu 85 Grad kippen, die Gezeiten würden wegfallen, und aufgrund fehlender gravitationaler Bremsung würde ein Tag auf der Erde nur noch sechs Stunden dauern. Leben wäre nicht oder nur auf primitivem Niveau möglich.

Mit dem Mond aber konnte selbst menschliches Leben in der heutigen Form entstehen, dessen Vorläufer homo erectus dank seines tiefsitzenden Kehlkopfes und gut entwickelten Artikulationsapparates eine weit größere Zahl von Lauten als alle seine Ahnen formen konnte - der erste Schritt zur Sprachfähigkeit. Die erste einfache Sprache wird dennoch nicht früher als 400000 bis 800000 Jahre vor unserer Zeit entstanden sein. Moderne und hochentwickelte Sprachen, wie wir sie benutzen, sind nicht älter als 50000-100000 Jahre.

Diese trivialen, in jedem billigen Lexikon leicht nachzuschlagenden Wissenssplitter scheinen den Cro-Magnon-Machern von The Time Machine dennoch entgangen zu sein. Der Mond explodiert? Was soll's, solange der Effekt wenigstens gut aussieht. Wir befinden uns im Jahr 802701, aber die Menschen sprechen trotzdem ein feines und akzentfreies Englisch im Stil des 20. Jahrhunderts? Was soll's, solange der Moulin Rouge!-Kameramann Donald M. McAlpine bei den platten Dialogen auf die üppigen Brüste der Musikerin Samantha Mumba schwenken kann. Der offenbar in argen Geldnöten steckende, sich auch hier wieder schamlos prostituierende Jeremy Irons macht das verquast-krude Genozid-Ende durch sein unverständliches Genuschel noch wirrer? Was soll's, solange alles in die Luft fliegt!
Der Regisseur Simon Wells macht seinem Vorfahren H.G. Wells, der die klassisch-wunderbare Vorlage lieferte, mit diesem dahingeschluderten Werk mehr als bloße Schande: Wells' ultimativer Klassenkampf zwischen den verdummten Privilegierten und den verrohten Arbeitern verkommt zur bloßen Ausrede für sinnentleert-wirre Prügeleien zwischen Ork-Stuntmen und braunhäutig-tätowierten Ethno-Hippies vor pastelligen Matte-Paintings, während der eigentlich lässige Guy Pearce durch forciertes Chargieren hilflos versucht, gegen die übermächtigen Spezialeffekte und die überwältigend langweilige Samantha Mumba anzuspielen. Wenigstens sind die beiden Letzteren so schön anzusehen und mit Sorgfalt zurechtgemacht wie die routinierten Nebendarsteller (unter anderem Mark Addy als strenger Freund und Orlando Jones als langlebiges Hologramm) und die Kulissen der nahen Vergangenheit und Zukunft, obwohl man von ihnen aufgrund der allzu kurzen, für die hastigen Kinder von heute aber offenbar als angemessenen erachteten Laufzeit von bloßen 96 Minuten nicht viel sehen kann.

Zerlegt man The Time Machine also in seine handwerklichen Einzelteile, steht der Film bis auf sein scheinbar seit ewigen Zeiten verwestes Drehbuch noch mehr oder weniger ordentlich da. In der Kombination aber ergibt sich eine seltsam heillose Mischung übertriebenen Effektaufwands, deplazierten Schauspiels und unverständlicher logischer Löcher und Paradoxa, die der Regisseur so leichthin überspringt wie sein Protagonist die Äonen. Mit welchem Strom kann ein Computer länger als Meere und Urwälder existieren? Wie können schwächliche Megatonnenexplosionen den Mond zerstören? Warum bemerkt niemand Pearces kuriose Maschine im Jahr 2030? Und wieso glaubt Simon Wells, solche Dinge fielen dem Zielpublikum zwölfjähriger, technikbegeisterter Knaben nicht auf? Thema verfehlt, Publikum mißachtet, Oberfläche statt Substanz zur Geltung gebracht: als Buch wäre dieses The Time Machine zu allen Zeiten ein Flop.

**von 5 Sternen.

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