Kritik:
Luna, der Mond der
Erde, hat die Entstehung des Lebens auf unserem
Heimatplaneten in so gewaltigem Maße günstig
beeinflußt, daß ihm darin nur noch unsere Sonne
Sol und die Erde selbst gleichkommen. Die Entstehung des
knapp 3500 Kilometer durchmessenden, nur ca. 400000 km
entfernten Trabanten ist umstritten, jedoch gilt als
wahrscheinlich, daß er aus der Kollision der Erde mit
einem großen fremden Himmelskörper hervorgegangen
ist. Der Mond dreht sich in einem siderischen Monat (27,32
Tage) sowohl um sich selbst als auch um die Erde, weswegen
er ihr immer dieselbe Seite zuwendet. Ohne den sympathischen
Himmelskörper würde die Erdachse alle paar
Millionen Jahre um bis zu 85 Grad kippen, die Gezeiten
würden wegfallen, und aufgrund fehlender
gravitationaler Bremsung würde ein Tag auf der Erde nur
noch sechs Stunden dauern. Leben wäre nicht oder nur
auf primitivem Niveau möglich.
Mit dem
Mond aber konnte selbst menschliches Leben in der heutigen
Form entstehen, dessen Vorläufer homo erectus
dank seines tiefsitzenden Kehlkopfes und gut entwickelten
Artikulationsapparates eine weit größere Zahl von
Lauten als alle seine Ahnen formen konnte - der
erste Schritt zur Sprachfähigkeit. Die erste einfache
Sprache wird dennoch nicht früher als 400000 bis 800000
Jahre vor unserer Zeit entstanden sein. Moderne und
hochentwickelte Sprachen, wie wir sie benutzen, sind nicht
älter als 50000-100000 Jahre.
Diese
trivialen, in jedem billigen Lexikon leicht
nachzuschlagenden Wissenssplitter scheinen den
Cro-Magnon-Machern von The Time Machine dennoch
entgangen zu sein. Der Mond explodiert? Was soll's, solange
der Effekt wenigstens gut aussieht. Wir befinden uns im Jahr
802701, aber die Menschen sprechen trotzdem ein feines und
akzentfreies Englisch im Stil des 20. Jahrhunderts? Was
soll's, solange der Moulin Rouge!-Kameramann Donald M.
McAlpine bei den platten Dialogen auf die üppigen
Brüste der Musikerin Samantha Mumba schwenken kann. Der
offenbar in argen Geldnöten steckende, sich auch hier
wieder schamlos prostituierende Jeremy Irons macht das
verquast-krude Genozid-Ende durch sein unverständliches
Genuschel noch wirrer? Was soll's, solange alles in die Luft
fliegt!
Der Regisseur Simon Wells macht seinem Vorfahren H.G. Wells,
der die klassisch-wunderbare Vorlage lieferte, mit diesem dahingeschluderten Werk
mehr als bloße Schande: Wells' ultimativer
Klassenkampf zwischen den verdummten Privilegierten und den
verrohten Arbeitern verkommt zur bloßen Ausrede
für sinnentleert-wirre Prügeleien zwischen
Ork-Stuntmen und braunhäutig-tätowierten
Ethno-Hippies vor pastelligen Matte-Paintings, während der eigentlich lässige Guy
Pearce durch forciertes Chargieren hilflos versucht, gegen
die übermächtigen Spezialeffekte und die
überwältigend langweilige Samantha Mumba
anzuspielen. Wenigstens sind die beiden Letzteren so
schön anzusehen und mit Sorgfalt zurechtgemacht wie die
routinierten Nebendarsteller (unter anderem Mark Addy als
strenger Freund und Orlando Jones als langlebiges Hologramm)
und die Kulissen der nahen Vergangenheit und Zukunft, obwohl
man von ihnen aufgrund der allzu kurzen, für die
hastigen Kinder von heute aber offenbar als angemessenen
erachteten Laufzeit von bloßen 96 Minuten nicht viel sehen kann.
Zerlegt man
The Time Machine also in seine handwerklichen
Einzelteile, steht der Film bis auf sein scheinbar seit ewigen Zeiten verwestes Drehbuch noch mehr oder weniger ordentlich da.
In der Kombination aber ergibt sich eine seltsam heillose
Mischung übertriebenen Effektaufwands, deplazierten
Schauspiels und unverständlicher logischer Löcher
und Paradoxa, die der Regisseur so leichthin
überspringt wie sein Protagonist die Äonen. Mit
welchem Strom kann ein Computer länger als Meere und
Urwälder existieren? Wie können schwächliche
Megatonnenexplosionen den Mond zerstören? Warum bemerkt
niemand Pearces kuriose Maschine im Jahr 2030? Und wieso
glaubt Simon Wells, solche Dinge fielen dem Zielpublikum
zwölfjähriger, technikbegeisterter Knaben nicht auf? Thema verfehlt, Publikum mißachtet,
Oberfläche statt Substanz zur Geltung gebracht: als
Buch wäre dieses The Time Machine zu allen Zeiten ein
Flop.
 von
5 Sternen.
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