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Titan A.E.

-- Endlich mal ein sinnvoller Filmtitel --

Szene aus Titan A.E.

Info über Titan A.E. (USA 2000)

Regie: Don Bluth, Gary Goldman

Darsteller: Matt Damon, Drew Barrymore, Bill Pullman, Nathan Lane, John Leguizamo, Janeane Garofalo

Inhalt: Ein junger Mechaniker muß ein verlorenes Raumschiff finden, um die Menschheit zu retten.

Kritik: Deutschland ist ein seltsames Land. In Frankreich, USA, Japan und überall sonst auf der Welt lesen Kinder und Erwachsene gleichermaßen mit Begeisterung und in aller Öffentlichkeit ihre Asterixe, Supermänner und Neon Genesis Evangelions, und hier wird man aus unerklärlichen Gründen schon schief angeschaut, wenn man überhaupt diese "Schundliteratur" ansieht, geschweige denn konsumiert - "Du Kind", "Werd' erwachsen" und "Breihirn'" sind nur die mildesten Beschimpfungen. Als logische Folge werden Zeichentrickfilme, die filmische Umsetzung von Comics, hierzulande nur als "Kinderkram" betrachtet und erreichen daher nur ein oftmals ungeeignetes, zu junges Publikum - ein kommerzieller Flop ist die Folge, der eine Negativspirale in Gang setzt, die dazu führt, daß am Ende nicht mal mehr die erfolgreichsten und besten Animationsfilme in Deutschland erscheinen - wie schon mehrfach geschehen.
Also mußte auch ich mich mit Pokémon-Shirt und Piepsstimme am hellichten Tag - "Kinderfilme" laufen nur früh am Abend - in Titan A.E. schleichen, um nicht als Erwachsener erkannt und der Diffamierung durch den Pöbel ausgesetzt zu werden. Wieder war der Saal voller Popcorn mampfender Eltern, die ihre krakeelenden Kinder zu einem scheinbar harmlosen - ist ja Zeichentrick - Animationsvergnügen geschleppt hatten. Und wieder werden sich Kinder in den Schlaf geweint haben, da Titan A.E. ja doch Gewalt und Blut zeigt. Es ist eben nicht alles Disney, was gezeichnet ist; aber ehe ein deutsches Elter das lernt, bin ich schon zweimal ausgewandert.

Trotz aller Widrigkeiten aber ist Titan A.E. ein erinnerungswürdiges Stück Film: so eine gelungene, detailreiche, mehrdimensionale und realistische Verbindung von herkömmlich gezeichneten zweidimensionalen Figuren und dreidimensional computergenerierten Schauplätzen, Hintergründen und Objekten läßt einem den Atem stocken: von den ganz gerenderten Bösewichten über die Weltraummantas bis zu den driftenden Eiskristallen ist fast jede Szene ein atemberaubend spektakulärer Schaukasten immer neuer Details, Reflexionen und Kamerafahrten, die nie langweilig werden. Ob Wasserstoffbaum, Drifterkolonie oder Genesis-Effekt: Don Bluths Künstler haben ganze Arbeit geleistet, die sich in leuchtenden Farben auf der großen Leinwand zum etwas zu rockigen Sound unvergeßlich schillernd entfaltet - moderner Computeranimationstechnik sei Dank.

Gäbe es nur die CGI-Bilder, würde Titan A.E. als wegweisender Pionier einer neuen Animationsart in die Filmgeschichte eingehen. Aber leider gibt es ja noch die 2D-Figuren, die zwar flüssig umherlaufen, aber mit ganz und gar verunglückten Grimassen versuchen, Emotionen auszudrücken: wenn die Lippenbewegungen und der Gesichtsausdruck nicht synchron mit dem von Matt Damon, Drew Barrymore, Bill Pullman und allen anderen engagiert gesprochenen Text gehen, dann hat jemand entweder nicht aufgepaßt oder kein Talent. Das ist bei Disney besser gelöst, wo die Gesichter der Figuren wirklich Gefühle darstellen und nicht nur unverständlich quasi-epileptisch zucken.
Auch beim Plot hat Don Bluth ganze Arbeit geleistet: so eine pedantische, meist bierernste Verwendung auch wirklich jedes Filmklischees in der geradlinig-platt-einfallslosen Story ist mir noch nie untergekommen - der Vater, der seinen "Neeein" schreienden Sohn wegbringen läßt, brennbare Fässer als Waffe, "Du bist unsere einzige Chance, Junge", motivlos böse Bösewichte in Einheitsfarbe, im wahrsten Sinn des Wortes zweidimensionale Charaktere in "Wir müssen X finden, bevor Y es findet"-Szenen, die konturlose Geliebte des Helden als Sexhäschen, schwer erträglicher "Für die Menschheit"-Pathos und gierige Verräter, humorvolle Sidekicks und waffennärrische Thugs machen Titan A.E. in jeder Sekunde zu einem vorhersehbaren Fast-Langweiler, der manchmal auch noch so aussieht, als wäre er direkt als Videospiel konzipiert worden - so genau werden die Abschüsse und zerstörten Kanonen gemeldet. Wenigstens sind die Schießereien und Weltraumschlachten dafür originell.

Also: eine abgedroschene und unlogische (der Gefängnisausbruch!) Story mit einigen für Kindern ungeeigneten Ballereien, Blut- und Opferszenen, eingebettet in einmalig schöne, tadellose, mühe- und liebevoll erstellte 2D/3D-Animationen, das führt in Anerkennung des Zeichentrick-Innovationsfaktors gerade noch so zu

***von 5 Sternen.

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