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Star Trek: First Contact

-- Aufs Ahab-Image festgelegt? --

Szene aus Star Trek: First Contact

Info über Star Trek: First Contact (USA 1996)

Regie: Jonathan Frakes

Darsteller: Patrick Stewart, Jonathan Frakes, Brent Spiner, James Cromwell, Alfre Woodard, Alice Krige

Inhalt: Captain Picard und seine Crew müssen die Vergangenheit der Erde vor den Borg retten.

Kritik: Gut, alle Star Trek-Hasser, sauertöpfischen Realisten und Nitpicker werden auch an Star Trek: First Contact einiges auszusetzen haben: wieso greifen die Borg schon wieder nur mit einem Schiff an? Weshalb reisen die Borg nicht in eine viel frühere Vergangenheit, und wieso haben wir früher nie erfahren, daß sie durch die Zeit reisen können? Warum muß die Föderation zur Verteidigung der Erde, ihrem angeblichen Hauptquartier, sogar Personal von der ewig weit entfernten Station Deep Space 9 heranziehen? Wieso haben die egalitären Borg auf einmal eine "Königin", und weshalb kann sich die Queen mit einer einzigen zugegebenermaßen schlagfertigen Bemerkung - "Sie denken zu dreidimensional" - über logische Löcher hinwegsetzen? Warum legen die Borg soviel Wert darauf, Data, den sie früher noch als "primitiven Automaten" bezeichneten, nun so kunstvoll zu verführen? Wieso zeigt die Queen entgegen ihren eigenen Behauptungen doch Gefühle, und das ausgerechnet für einen Angehörigen einer unterentwickelten Spezies? Und wieviele Haupthaare hat Patrick Stewart nun wirklich?

Aber es ist müßig, Star Trek: First Contact Fehler vorzuwerfen, die viele Filme in noch größerem Ausmaß haben. Bis auf das riesige Fandom wird sie eh kaum ein Zuschauer bemerkt haben. Denn der achte Teil des Star Trek-Franchise ist dank seiner effektvollen Erläuterungen auch für nicht in Gene Roddenberrys Universum ansässige Menschen leicht verständlich. Die fast schon zu actionreiche Kloppt-die-"Schweden"-von-der-Erde-Story läßt sich nämlich auch dann gut verdauen, wenn man die vielen Anspielungen, Insiderscherze, Selbstreferenzen und Witze - von Barclay und dem Holodoc über den gänsehautträchtigen ersten Treff mit den Vulkaniern bis hin zu Datas exakter Erwähnung der letztmaligen Benutzung seiner "multiplen Techniken" - nicht bemerkt.

Jonathan "William Thomas" Frakes hat es tatsächlich geschafft, einen für die Masse kompatiblen Sci-Fi-Reißer zu drehen und gleichzeitig den Star Trek-Spirit beizubehalten: Worfs flapsiges "Assimilate this!", Picards Muskelspielchen, die beeindruckende Raumanzug-Szene auf der Hülle der schönen Enterprise-E und die vielen Borg-Ballerszenen mögen eher dem Action-Massenpublikum gefallen, während der Fan sich an Datas Dialogen mit der Borg-Queen und an Picards letztendlicher Katharsis erfreut. Erstaunlich dabei, daß ein in drei Folgen der Next Generation-Serie eigentlich vorbildlich behandeltes Trauma - Picards Entführung, seine geistige und körperliche Vergewaltigung durch die Borg, die Ausbeutung seines Wissens, um der Sternenflotte (in der Synchro seltsamerweise wie schon in den ersten Filmen "Raumflotte" genannt) zu schaden, und das Ausweinen bei seinem knorrigen Bruder in Frankreich, Erde - hier auf eine so plausible Weise wieder zum Vorschein kommt. Ein großes Lob geht an die Autoren, die wunderbar intensiv und glaubhaft zeigen, daß Picard das Erlebnis immer noch nicht wirklich verarbeitet hat und im Herzen noch immer nach Rache sinnt.

Die beste Szene des ganzen Films ist dabei die geradezu klassische, herrlich geschriebene, toll getimte und unglaublich gut gespielte "Captain Ahab"-Szene zwischen Picard und Lily. Mit der sehr passenden Wal-Metapher bringt sie dem völlig verrannten Picard in einer hitzigen Konfrontation Vernunft bei, und wie Alfre Woodard "You broke your little ships" intoniert, oder wie Patrick Stewart behauptet, frei von Rache zu sein, einen "Schlußstrich" zieht oder aus "Moby Dick" zitiert, das muß man schon selbst gesehen haben. Überhaupt, Patrick Stewart: über ihn schreiben zu dürfen, heißt für mich dasselbe wie für Günter Netzer, über Zinedine Zidane sprechen zu dürfen - es ist ein einziges Schwärmen. Dieser Mann kann einfach alles: harte Actionszenen genauso wie tiefste Emotionen, weise Ratschläge, romantische Dialoge und intensive Konfrontationen - da macht sich die lange klassische Ausbildung bemerkbar. Mit seiner respekterheischenden Shakespeare-Stimme ("humanity"...) und seinem fast schon römischen, scharfgeschnittenen Profil ist er die Idealbesetzung für den weisen und mutigen Captain Jean-Luc Picard.

Aber auch die anderen Schauspieler aus dem eingespielten Cast geben ihr Bestes: Brent Spiner darf mit der gemeinen Alice Krige plauschen, Michael Dorn sich mit seinem Captain anlegen, LeVar Burton den humorvollen James Cromwell als Antiheld Zefram Cochrane anhimmeln und Marina Sirtis sich betrinken. Einzig Gates McFadden wird mit einer etwas kleineren Rolle abgespeist, und der Regisseur Jonathan Frakes hält sich wohlweislich etwas zurück. Alfre Woodard dagegen schafft es sogar, auf einer schauspielerischen Stufe mit Patrick Stewart zu stehen, was die Bei-uns-gibt-es-kein-Geld-Szenen der beiden zu einem zusätzlichen Genuß macht. Einzig Neal McDonough als größter Red-Shirt-Witz aller Zeiten "Lt. Hawk" fällt etwas unter den Teppich, aber er ist ja nur zum Sterben da.

Und das ist noch nicht alles: der gelungene Jerry-Goldsmith-Soundtrack, die tadellosen Spezialeffekte, die originelle Kamera und die durchdesignten Sets machen aus Star Trek: First Contact einen der technisch besten Science-Fiction-Filme seit langem. Zusammen mit den bereits besprochenen Vorzügen wird er so zu einem der besten Filme der Reihe und zu einem anspruchsvollen Zukunfts-Actionreißer, für Fans wie für Outsider gleichermaßen gut.

****von 5 Sternen.

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