Kritik:
Und wieder, wenn
schließlich das Licht angegangen und endlich der
Vorhang zugefallen ist, bleibt dem Kritiker nur die undankbare Aufgabe, zu loben, was sich selbst Lob genug ist, wie eine
Epigone nachzutragen, was immer fest auf eigenen
Füßen steht, und wie ein Kleckser nachzumalen,
was ein Meister längst unübertrefflich auf die
Leinwand gebannt hat. Auch im heutigen Kino omni- und
präpotenter Helden kann also noch Bescheidenheit und
Ehrfurcht gelehrt werden, und wenn das der einzige Verdienst
von Shrek wäre, hätte er sich schon mehr
als bezahlt gemacht. Aber
Shrek ist weit mehr - Triumph der Animationstechnik,
brillante Komödie, hintersinnige Satire, spannendes
Abenteuer, urkomisches Spiel mit Sprache, warmherziges Buddy-Movie, einzigartig liebevolles
Gemeinschaftswerk talentierter Künstler und der
letztgültige Beweis, daß ohne eine zu Herzen
gehende Story die
größte Anstrengung umsonst war, wie der
vernichtende Kinokassensieg des sympathischen Ogers
über den Korkenkopulierer Ben Affleck in Pearl
Harbor eindrücklich beweist.
Der vulgäre und sich an Körperlauten und
-ausscheidungen aller Art ergötzende Shrek also,
von Mike Myers so motiviert, gekonnt und gefühlvoll verkörpert wie
Eddie Murphys ständig zwerchfellerschütternd
plappernder Esel, Cameron Diaz'
schlagkräftig-attraktive Prinzessin Fiona und John
Lithgows komplexbeladen-sadistischer Lord Farquaad, macht
sich zu Farquaads steril-gekünsteltem Königreich
auf, dessen Hauptstraße nicht zufällig an die
Main Street aller Disneyländer dieser Welt erinnert.
Ein offenes Geheimnis ist, daß Jeffrey Katzenberg,
einer der Gründer des Shrek produzierenden
Dreamworks-Studios und unter unrühmlichen
Umständen aus dem Disney-Konzern ausgeschieden, in
diesen und einigen anderen Szenen sowohl seinen ehemaligen
Boss Michael Eisner (Farquaad) als auch dessen
überkorrekte und unnatürlich saubere
Firmenphilosophie ätzend aufs Korn nimmt, aber dem
Spaß tut das auch dann keinen Abbruch, wenn man nicht
um diese Zusammenhänge weiß.
Zu einem
bezaubernden musikalischen Motiv, gekonnt ausgewählten
Liedern und durchweg atemberaubenden, wunderschönen,
nur durch eigene Anschauung nachvollziehbaren Bildern und (gelegentlich etwas ruckligen) Animationen also sucht
Shrek Farquaad auf, um gegen die Besetzung seines heimischen Sumpfes mit deportierten Märchenfiguren wie
Rotkäppchens Wolf, Pinocchio oder Glöckchen lautstark zu protestieren.
Farquaad spannt den ruppigen Oger für seine Zwecke ein
und verspricht, den Sumpf räumen zu lassen, falls Shrek
ihm Prinzessin Fiona bringe, die der Zauberspiegel Farquaad
in einer herrlichen Herzblatt-Persiflage empfohlen hat. Wie
genau der liebenswerte Antiheld und sein "edles Roß" die etwas andere Prinzessin aus den Fängen
eines riesigen Drachens befreien, wie sie den Heimweg an
Lord-of-the-Dance-Fanatikern, The Matrix- und Charlie's Angels-Opfern und
aufgeblasenen Fröschen vorbei meistern, und mit welchen
wundervollen Matchcuts zu welchem schönen Song in
welcher berückenden Szene schließlich
verdeutlicht wird, wer zu wem gehört, sei hier nicht
verraten, um die Spannung zu wahren und die ausnahmsweise nicht komplett im Trailer verratenen, durchweg treffsicheren
Scherze und die durchdacht-stimmige,
tiefgehend-warmherzige, mimisch beeindruckend umgesetzte und
ehrlich anrührende (für die Kleinsten aber
vielleicht etwas zu große) Geschichte um Freundschaft, Liebe und Toleranz nicht zu verderben. Von leicht zweideutigen
Anspielungen über clevere Filmspoofs ("He can
fly!" "He can fly!") bis zu rasanten Actionszenen wird
auch für die größeren Zuschauer einiges
geboten, und wohl nur die pauschalisierend-ungerechte
Etikettierung als "Kinderfilm" hält Skeptiker noch
davon ab, mehrmals in diesen fehlerlosen, ausgefeilten und
nahegehenden filmischen Höhepunkt zu stürmen. Wer Shrek aber nicht sehen will, für den gelten nur die unsterblichen Worte
des Lebkuchenmannes: "Eat me!"
    von
5 Sternen.
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