Kritik:
Auch ein weltfremd
abgehobener und untot seelenloser Kritikerzombie wie ich
braucht ab und zu etwas erdigen Bodenkontakt. Angestachelt
durch den krachigen Trailer und "Äiiih, full geil, ehh,
Mann, voll fett, Jet Li, boooaah, Kung Fu,
äiiih"-Freunde begab ich mich also ins nächste
Kino, um mir Romeo Must Die zu geben, in Erwartung
einer zwar hirnlosen, aber explosiven
Actionpackung.
Siehe da,
es fängt ja schon gut an: eine wirklich coole
Anfangsszene mit fetter Musik, stylishen Credits und einer
wunderbar urban glitzernden Kamera zeigt einen S-Mercedes,
der lautlos die Lichter der Großstadt reflektierend
durch die Straßen gleitet. Der talentierte Kameramann
Andrzej Bartkowiak, bekannt aus The Devil's
Advocate, zeigt in seinem Regiedebüt ein
bemerkenswertes Händchen für ansprechend,
dynamisch und interessant fotografierte Szenen in
leuchtenden Farben, die die teuren Autos, Anzüge und
Immobilien schön zum Leben erwecken.
Leider ist Bartkowiak aber, wie einst schon Jan
De Bont, für den er ironischerweise den
unsäglichen Speed gefilmt hat, nicht bei seinem
unbestritten hervorragend beherrschten kinematographischen
Leisten geblieben, sondern hat in den scheinbar
höhergelegenen Regiestuhl gewechselt und vor lauter
Freude darüber vergessen, daß zu einem guten Film
mehr gehört als nur coole Bilder.
Denn trotz
der gut wummernden, aber etwas zu häufig spielenden
Musik, beigesteuert von diversen Hiphoppern und der tragisch verstorbenen R&B-Lady Aaliyah, die auch die weibliche Hauptrolle
spielt, trotz der durchaus lustigen Sprüche ("My
friends call me Akhbar"), trotz der immer gelungenen,
spannenden, Jet Lis Künste trotz Drähten und
CGI-Hilfe eindrucksvoll demonstrierenden Fights schleicht
sich in zwei Dritteln des Films tödliche Langeweile
ein. Auch die originellen Röntgenaufnahmen, die
äußerst attraktive, aber eher
mittelmäßig talentierte Aaliyah und die
sporadischen schönen Szenen wie die
Posh-Lesben-Discoshots oder die zu ihrem eigenen Lied in der
Disco mitsingende Aaliyah können nicht verhindern,
daß der Zuschauer sich nach der x-ten
Immobilienspekulationsszene nach dem Ende sehnt.
Viel zu
ambitioniert nämlich versucht Bartkowiak, einen uninteressanten, komplexen, etwas unlogischen und schwer durchschaubaren Plot um Immobilien, Betrug und Intrigen mit
zwei Minderheitenporträts, diversen Familienproblemen,
einer schrankenlosen Lovestory und harten Actionszenen zu
einem einheitlichen Film zu vertäuen. Obwohl einige
Teile wie die kleine, sanfte und humorvolle Liebesgeschichte
zwischen Li und Aaliyah mit einem leichten
Romeo-und-Julia-Anstrich oder die akkurate Zeichnung der
Rituale und Umgangsformen der Schwarzen und der Chinesen
- von guten Schauspielern wie Delroy Lindo oder Henry O
überzeugend vorgebracht - durchaus zu gefallen wissen,
und obwohl die Verlorener-Sohn-,
Fettsäcke-sind-böse-und-blöd-,
Frauen-können-kein-Blut-sehen- und
Ich-habe-Ihnen-vertraut-Klischees angesichts der bombigen
Kampfszenen vernachlässigt werden könnten, will
Romeo Must Die unbedingt noch mehr sein als "nur" ein
guter Actionfilm und verliert sich so immer wieder in
endlosen, quälend langweiligen Immobilienintrigen,
"Familiengesprächen" und Geldschachereien, um der
Action einen pseudo-plausiblen Hintergrund zu
geben.
Schade nur,
daß niemand nach solchen Erklärungen verlangt,
wohl wissend, daß bei Martial-Arts-Filmen dieser Art
nicht der größte Realismus zählt, sondern
der härteste Schlag. Den hat Romeo Must Die
zwar, aber er versinkt fast zur Gänze in der weichen
Watte der restlichen, Action-Fans abschreckenden und
Filmkunst-Freunde anödenden Story, seine ganze Kraft
sinnlos und enttäuschend vergeudend.
 1/2 von 5 Sternen.
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