Kritik:
"Bitte erheben Sie
sich." "Das Verfahren 'William Shakespeare, weltbekannter
Dichter, Stratford-upon-Avon, England, versus Baz Luhrmann,
Regisseur, Hollywood, USA' wird fortgesetzt. Ich erteile der
Anklage das Wort zum Schlußplädoyer."
"Euer
Ehren, verehrte Geschworene, meine Damen und Herren...
mein Mandant kann heute leider nicht dem baldigen Ergebnis
der Verhandlung beiwohnen - sein angegriffener
Gesundheitszustand läßt es nicht zu, denn er ist
bekanntlich seit 400 Jahren tot. Aber glauben Sie mir:
wäre er noch am Leben, dann hätte ihn dieses
unsägliche Machwerk, dieses 'Film' genannte Stück
Zelluloidverschwendung des Angeklagten Baz Luhrmann hier
sicher ins Grab gebracht!
Verehrte
Geschworene, ich möchte noch einmal Ihre Erinnerung
auffrischen und für Sie alle zusammenfassen, welche
Beweise ich im Laufe des Verfahrens gegen Herrn Luhrmann
hier zusammengetragen habe, die überzeugend die
besondere Schwere seiner Schuld belegen... Sie erinnern sich
bestimmt an die zahlreichen Zeugen, die wir in diesem Saal
gehört haben, die sogenannten 'Schauspieler' des Herrn
Luhrmann. Da war ein gewisser Herr DiCaprio, ein
aufgeblasen-kurzgesichtiger Wicht mit begrenzten mimischen
und kognitiven Fähigkeiten, der recht nervig spielend
die unsterblichen Worte meines Mandanten falsch intonierte
und so Perlen den Säuen vorwarf, wenn Sie mir die
Metapher gestatten. Aber immerhin wäre Herr Luhrmanns
'Film' (Beweisstück 1A) mit Herr DiCaprio allein zugegebenermaßen doch
noch halbwegs erträglich gewesen. Aber leider, meine
Damen und Herren, aber leider gab es da ja noch die
anderen 'Darsteller'! Farblose Aufziehpuppen, hölzerne
Machos, steife Paten, dumme Pfarrer und
Alanis-Morissette-Macker (hehehe)! Und Mercutio - eine
Transe! Meine Damen und Herren, der göttliche Mercutio,
Romeos schillerndster Freund, eine der wichtigsten Figuren
meines heute leider abwesenden Mandanten, dieser Mercutio
war in diesem 'Film' eine Stöckelschuhe tragende, dumme
Sprüche brabbelnde, tuckende Drag-Queen! Ich habe
dabei noch heute körperliche Schmerzen, und mein
Mandant hätte die sicher auch, wenn er noch etwas
hätte, womit er Schmerzen haben könnte; aber das
nur am Rande....
Nun, ein
Kunstbanause, wie Herr Luhrmann hier es sicher ist,
könnte dies alles ja noch leicht ertragen. Nicht zu
verzeihen ist jedoch die Wahl der 'Hauptdarstellerin', Frau
Claire Danes. Verehrte Geschworene, wenn Sie das Wort
'Hollywood-Schönheit' hören, woran denken Sie
dann? An Greta Garbo, Marilyn Monroe, Marlene Dietrich? Sie
alle waren nicht nur (halbwegs) talentiert, sondern vor
allem mit einer unvergleichlich attraktiven Ausstrahlung
reiner Schönheit gesegnet. Frau Danes aber ist weder
schön noch talentiert: mausiges Haar, ein rundes
Arbeitergesicht mit Doppelkinn und gewöhnliche
Körperformen machen sie nicht unbedingt zu der 'Julia'
meines Mandanten, dem Inbegriff sinnlich-jugendlicher
Schönheit. Wenn sie wenigstens eine tolle
Schauspielerin wäre! Aber sie spielt so, wie sie
aussieht - hausbacken wie ein Blumenkohlbonbon!"
"Einspruch! Die Anklage nimmt eine subjektive Wertung vor!"
"Einspruch abgelehnt - Ich darf Sie dennoch bitten, etwas
mehr Sachlichkeit an den Tag zu legen, Herr
Anwalt."
"Gewiß, Euer Ehren. Nun, gute Schauspieler,
zwischen denen die Chemie und das Timing stimmen
würden, hat Herr Luhrmann also nicht zu bieten. Ist
denn wenigstens der Rest des 'Films' gut? Sie haben sich,
verehrte Geschworene, zusammen mit mir Teile des 'Films'
angetan. Sie werden mir sicher zustimmen, daß der
ständige Gebrauch der pseudo-coolen und fake-hippen
Musik genauso einen Brechreiz erzeugt wie die 'angesagte'
Kamera, die lächerlich phoney-poetischen eingeblendeten
Texte, die Aufschriften auf den in Pistolen verwandelten
Degen meines Mandanten oder die Verlegung des Schauplatzes
vom schönen Verona ins dekadente Amerika. Ich muß ihnen auch nicht nochmal sagen, daß ein Kopfschuß mit einer so großen Waffe, wie Frau Danes sie benutzt, zu erheblich größeren Verwüstungen führt, als Herr Luhrmann zeigen wollte. Und die
aufgeblasen-'coolen' Szenerien und Kostüme, die
angeblich verständige Verwendung des Originaltextes
meines Mandanten - in Wahrheit eine schamlose
Leichenschändung, jawohl, eine Leichenschändung,
lassen Sie bestimmt genau wie mich in Abscheu vor Herrn
Luhrmann hier erstarren! Jeden Zauber, jede Magie und
Poesie, die ewige und unsterbliche Schönheit der
Liebenden Romeo und Julia meines Mandanten hier
zerstört Herr Luhrmann bis zum Letzten, und zurück
bleiben nur Trümmer und ein schaler Geschmack nach
altem Popcorn. Daher fordere ich hier und jetzt nicht mehr
und nicht weniger als die Höchststrafe im Namen der
Kunst!"
(Die
Geschworenen ziehen sich zurück und kommen nach
fünf Minuten wieder...)
"Im Namen der Kunst ergeht folgendes Urteil: der
'Regisseur' Baz Luhrmann wird dazu verurteilt, sich
lebenslang Tag für Tag dreimal seine 'Filme'
anzusehen..." "Neeeeeiiinn!"
...upps, das
war ja nur ein Traum. Aber Träume sind der Spiegel der
Seele, und daher:
1/2 von 5 Sternen.
|