Kritik:
Nie hätte ich
das gedacht. Nie hätte ich gedacht, daß mich ein
Film einmal dazu bringen würde, meine guten Manieren zu
vergessen. Nie hätte ich gedacht, daß ein Film
mich veranlassen würde, im Kino zu sprechen. Nie
hätte ich gedacht, daß ich so lange und so laut
meckern und spotten würde, bis mir unbekannte Leute
mich auffordern würden, "die Klappe zu halten". Und am
allerwenigsten hätte ich gedacht, daß ich, sonst
ein Ausbund an Höflichkeit (hohoho) danach sogar noch
weiter zischeln würde. Nie hätte ich das
gedacht.
Ja, es war
wieder einmal Zeit für eine Sneak. Und wie das
Glück beziehungsweise der sadistische Kinobetreiber aus
der Hölle so spielt, gab es den berauschenden C-Film
Office Killer. Im hochinteressanten und gänzlich
unalltäglichen Büromilieu spielend, von 5$-Dekors
vom Sperrmüll umgeben, wird das mörderische Tun
der mausigen Büroangestellten Dorine vorgestellt. Diese
wird von der fast talentlosen Carol Kane so farblos,
langweilig und hölzern gespielt, als gälte es, die
Zuschauer schnellstmöglich einzuschläfern. Aber
das wird gekonnt von den anderen sogenannten Schauspielern
verhindert, die anscheinend ihren Teil des Drehbuchs im
Gully gefunden haben. Mit vor Wut rotverschleierten, aber
hellwachen Augen verfolgt man das quälend schlechte
Timing und die Emotionslosigkeit der wie immer konstant
nichtssagenden Jeanne Tripplehorn, das sinn- und
zusammenhangslose, durch die durchweg grausame
Synchronisation noch verschlimmerte Gekreische der
normalerweise aparten Molly Ringwald oder das
schimpansenartige Gehampel der männlichen
"Rollen".
In
schrecklich billigen Kulissen, mit Musik unterster Kategorie
und einer äußerst um Pseudo-Originalität
bemühten Kamera also tötet Dorine, gerade zur
Heimarbeit verdonnert, aus Versehen einen Mitarbeiter und
kommt auf den blutigen Geschmack. Durch einen unmotivierten
Schlenker des "Drehbuchs" - wahrscheinlich Notizen auf alten
Cornflakes - beansprucht sie die Arbeit des Toten für
sich und wird dadurch plötzlich - o Wunder - von der
unbeachteten grauen Maus zum Liebling der Redaktion. Einzig
die tapfere Molly Ringwald schöpft Verdacht, entkommt
knapp einem Anschlag und schickt schließlich ihren
Freund zu Dorine...
Weil dieser
"Plot" für nicht mehr als ein Blatt Klopapier taugt,
erschöpft sich der Film in immer neuen phantasielosen
Morden und zeigt in immer ekligeren Szenen, wie Dorine die
Leichen daheim stapelt und pflegt. Das gewollte Suhlen in
schlechten Masken aus Schleim, Eingeweiden und rohem
Fleisch, länglich zelebriert und genüßlich
ausgekostet, schlägt ein neues Kapitel im Zynismus der
Regisseure gegenüber den Zuschauern auf. Bisher legten
Filme zumindest Wert darauf, daß der Zuschauer bei
Laune gehalten wird. Solche Szenen wie in Office
Killer aber mit ihrem abstoßend nekrophilen und
von der Story überhaupt nicht benötigten
Spaß an zerfetzten Körpern legen es geradezu
darauf an, daß die Zuschauer kollektiv auf die
Leinwand brechen.
Vielleicht
hätte ich das ja tun sollen. Dann wären mir
wenigstens die "Rückblenden" erspart geblieben, die mit
großartiger Fastfoodpsychologie den Grund für
Dorines Störungen erläutern. Sie ist von ihrem
Vater mißbraucht worden, ganz klar, und ist deswegen
nur ein irres Mauerblümchen geworden. Einen Schlag ins
Gesicht jedes wirklichen Opfers, eine Verhöhnung aller
Mütter und Kinder und den unplausibelsten Autounfall
der Filmgeschichte, all das liefert dieser "Film" in nur
einer Szene. Getoppt wird das Ganze nur noch vom
phoney-"offenen", bösen Ende, dessen einziger
Lichtblick der Beginn der Credits ist, das Signal, endlich
auf die Toilette zu stürmen und seinen Mageninhalt
geräuschvoll in die Kloschüssel zu entleeren. Aber
nicht spülen - vielleicht findet sich tief im Wasser ja ein Drehbuch wie das von Office Killer.
0
von 5 Sternen.
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