Moviebazaar Moviebazaar

Ocean's Eleven

-- Gähnen Deluxe III --

Szene aus Ocean's Eleven

Info über Ocean's Eleven (USA 2001)

Regie: Steven Soderbergh

Darsteller: George Clooney, Brad Pitt, Julia Roberts, Matt Damon, Andy Garcia, Don Cheadle

Inhalt: Der Gentleman-Gauner Daniel Ocean plant, drei Casinos in Las Vegas zu berauben.

Kritik: Im China noch des späten 19. Jahrhunderts wurden Frauen im zarten Kleinkindsalter die Füße gebrochen und mit Tüchern schmerzhaft gebunden, auf daß jene zeitlebens winzig blieben und für einen erotischen Trippelschritt sorgten. Zur selben Zeit quetschte man Europäerinnen die Organe mit Gerüsten aus Fischbein und Afrikanerinnen die Hälse mit sich stetig verjüngenden Ringen ein - die Geschichte des kulturbestimmten Ideals von Schönheit ist immer auch eine Geschichte schrecklicher Leiden.
In der heutigen, nicht minder von willkürlichen Wunschvorstellungen bestimmten Zeit, übernehmen derlei Folterungen Chirurgen und Menschenbildner in aseptischen Operationssälen; nur kommt man auch bei aller klinischen Sauberkeit und angeblichen Komplikationsfreiheit nicht umhin, sich zu fragen, ob die Leiden sich nur in ein neues, blitzendes Gewand geworfen haben, tief drinnen aber grimmig wie eh und je wirken.

Wie anders wäre das beständig verquälte Gesicht der sonst so strahlenden "and introducing" Julia Roberts in Steven Soderberghs neuestem Werk Ocean's Eleven zu erklären? Freilich hat die fröhliche Großverdienerin bereits in weit besseren Filmen wie etwa Soderberghs Meisterstück Erin Brockovich mitgespielt, aber auch in viel schlimmeren Machwerken wie Pretty Woman. Auch ihre illustre Mitspielerschar von George Clooney über Brad Pitt bis zu Andy Garcia, ihre erlesene Filmgarderobe und ihr begabter Regiefreund Soderbergh können sich jederzeit sehen lassen.
Wir müssen also, wollen wir Roberts' offensichtliches Unwohlsein ergründen, versuchen, tief in ihr Inneres, gleichsam hinter ihre Stirne zu blicken. Der Blick schweift also Julias hier reichlich mageren Leib hinauf, bleibt - der Zuschauer ist ein Gentleman - nirgendwo hängen und erreicht schließlich ihre hohe, makellose Stirn... um sofort wieder zu der wuchernden Bockwurst zurückzukehren, die ihre offenbar in Betriebsferien befindliche Oberlippe vertritt. Dieses verquollene Überbleibsel eines völlig aus dem Ruder gelaufenen Angelina Jolie-Lookalike-Wettkampfes wirkt, zumal in Roberts' neuerdings seltsam eingefallenem Gesicht, so deplaziert und bizarr, daß man nicht weiß, ob man sich nun ekeln, ihren Fleischbildhauer verklagen oder die arme Frau einfach nur bemitleiden soll. Roberts' niedervoltiger Darstellung jedenfalls schadet der leuchtend rosane Fleischbatzen mehr, als ihr zu nutzen.

Wären Julia Roberts' Lippen das einzige Problem von Ocean's Eleven, könnte der Zuschauer so großzügig darüber hinwegsehen wie über die ganz kurz sichtbare Studioeinrichtung in Stanley Kubricks göttlichem Meisterwerk 2001: A Space Odyssey. Aber trotz beeindruckender Starbesetzung, einem atmosphärischen Schauplatz und einem im Prinzip spannend-lässigen Plot schafft es der talentierte Regisseur, aber als Kameramann sichtlich überforderte und zu nicht mehr als stereotypen Einstellungen fähige Steven Soderbergh nicht, sein Remake des gleichnamigen Rat Pack-Streifens von 1960 fesselnd zu machen.
Dabei läßt sich Ocean's Eleven noch vergleichsweise gut an: der charmante Verbrecher Daniel Ocean, der jahrelange Gefängnisaufenthalte ohne sichtbare Verschleißerscheinungen auf einer Hinterbacke absitzt, kommt frei und beginnt (stets hervorragend gekleidet), seinen nächsten großen Coup zu planen. George Clooney spielt diesen Danny Ocean zwar nicht mit sehr viel Verve, aber mit Stil, tatkräftig unterstützt von einem unterforderten, aber natürlich dennoch coolen Brad Pitt als ständig futterndem Rusty Ryan. Ocean gabelt Ryan bei einer Runde Poker mit (unter anderem) den sich selbst veräppelnden Jungstars Joshua Jackson, Holly Marie Combs und Topher Grace auf, um mit ihm neun Gefolgsleute für einen Einbruch in den Tresor der drei Kasinos des schmierigen Terry Benedict auszusuchen. Wird einem schon hier vor lauter Namen, cleveren Insideranspielungen und allzu forciert schlagfertigen Dialogen schwindlig, so verliert man spätestens bei der Einführung des siebten Einbrechers endgültig den Überblick: so sehr Carl Reiner, Scott Caan, Bernie Mac, Casey Affleck, Shaobo Qin, Matt Damon, Don Cheadle, Elliott Gould und Edward Jemison sich auch anstrengen mögen (nicht allzusehr) - im wirren Reigen der immer neuen Gesichter sticht keines erinnerungswürdig hervor; einzig Reiner und Gould bleiben etwas positiv im Gedächtnis, während Damon ohne seinen kongeni(t)alen Partner Ben Affleck (Casey Afflecks bekannterer Bruder) wie gewöhnlich leichenblass durchs Bild kraucht.

Trotz aller schauspielerischen Defizite schaffen die ungleichen Kollegen es aber, einen so gewagten wie schlauen Einbruchsplan auszuhecken, dem präzisen Andy Garcia als kalt-bösartigem Terry Benedict erfolgreich auf der Nase herumzutanzen und nebenbei noch beständig aufreizend nonchalant auszusehen. Leider vergessen alle Beteiligten vor lauter Coolness, auf die elementarsten Gesetze der Logik zu achten, zu erklären, was die ununterbrochen wundersam aus dem Nichts auftauchenden teuren Geräte und Werkzeuge denn nun eigentlich vermögen, und sich so zu verhalten, als brächen sie wirklich in einen atomschlagsicheren Bunker und nicht nur in eine Bonbonbfabrik ein. Der Diebstahl gestaltet sich schließlich sogar so einfach, daß George Clooney nicht nur im Kasino gewinnen, sondern sich auch mehrmals mit Genuß verprügeln lassen und die zerrüttete Beziehung zu seiner Exfrau (Roberts) im Handumdrehen zu Claude Debussys zwar romantischen, aber unpassenden Klängen kitten kann. Vielleicht muß das so sein, wenn man Clooney ist und auf die Frage, ob man im Knast wenigstens der Bräutigam war, zur Antwort nur über das geschmacklose Hemd des Fragers lästert, aber dem handwerklich bieder-unsauberen, schlecht durchdachten und teils lustlos gespielten Ocean's Eleven tut er so keinen Dienst - der Film ist so locker, daß ihm fast alle Glieder abfallen.

**1/2 von 5 Sternen.

Nach oben