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Mission: Impossible II

-- Tjakkaaaa! --

Szene aus Mission: Impossible II

Info über Mission: Impossible II (USA 2000)

Regie: John Woo

Darsteller: Tom Cruise, Thandie Newton, Ving Rhames, Dougray Scott, Brendan Gleeson, Anthony Hopkins

Inhalt: Der Superagent Ethan Hunt muß ein Virus und sein Gegenmittel aus den Händen der Bösen entreißen. Mit den Fäusten und den Kanonen.

Kritik: Jetzt also auch John Woo. Die seltsame Unfähigkeit oder Unwilligkeit moderner Hollywoodregisseure, Filme zu drehen, die kürzer als 120 Minuten sind, hat nun auch die Hong-Kong-Actionlegende Woo erfaßt. In einem Zeitraum, in dem frühere Regisseure noch ausgefeilte Akteure in einer tollen Story aufs Genaueste erforscht hätten, reicht die Zeit heutzutage nicht mal mehr, um wenigstens ein paar klischeehafte Charakterattribute zu zeigen. Traurig, traurig.
Die modern-schnellebige Oberflächlichkeit fand bei meinem Kinobesuch weiteren Ausdruck in der beispiellosen Auslassung des halben Abspannes, um die wartenden Besucher der Spätvorstellung früher reinlassen zu können. Diese Vorgehensweise, mir bisher nur aus dem Fernsehen bekannt, versetzte mich derart in Rage, daß ich fast meine gesamten Chips wieder aufgestoßen und wutschnaubend auf den Vorführer eingedroschen hätte. Aber die glaubhafte Versicherung, daß das ein einmaliges Versehen wäre, brachte mich in meine gelöste Grundstimmung zurück, die durch das passable, zumindest zum Teil mit den verkorksten ersten neunzig Minuten versöhnende Ende von Mission: Impossible II bewirkt wurde.

Aber der Reihe nach: der Anfang mit einem muskulös an einer Mesa heraufkletternden Tom Cruise, der zum einen allzu sichtbar an einem wegretuschierten Seil hängt, zum anderen völlig unrealistisch hyperathletisch von Vorsprung zu Vorsprung springt, läßt nichts Gutes erahnen. John Woo ist nicht gerade bekannt für physikalisch korrekte Action-Eskapaden, da er weiß, daß keiner außer ein paar pedantischen Professoren danach fragen wird. Aber man kann den Bogen auch überspannen: hier fliegt Tom Cruise wie weiland James Bond in GoldenEye und stellt so gleich am Anfang klar, daß er übermenschliche Kräfte hat und nicht an die Regeln der Logik gebunden ist. Vielleicht geht diese Änderung ja sogar auf das Konto von Cruise selbst, der als Hauptdarsteller/Mitproduzent/Coautor/an den Einspielergebnissen Beteiligter Woo gerüchteweise zum Statisten degradiert hat. Denn die penetrante, unaufhörliche und schlußendlich ätzende Zelebrierung des Heros Cruise und seines bekannten Lächelns in endlosen Großaufnahmen sieht ganz so aus, als hätte Cruise auch noch beim Cut Hand angelegt, um seinen Egotrip bestmöglich zu verwirklichen. Seine im Vergleich zu seinen Ausflügen ins ernsthafte Fach - Eyes Wide Shut und Magnolia - unendlich viel schlechtere und steifere Darstellung konnte er so aber auch nicht mehr retten.

Hätte Cruise wenigstens gute Mitspieler, dann fiele seine schwache Leistung nicht so negativ auf. Aber Anthony Hopkins als stereotyp langweilender Boss, Dougray Scott als 08/15-Böser-Agent ohne Charisma und nachvollziehbares Motiv, Brendan Gleeson als skrupelloser Abziehbild-Magnat und Ving Rhames als Quotenschwarzer, über den gelacht werden darf (Hollywood erklärt uns die Welt), bewegen sich auf dem gleichen niedrigen Niveau. Untertroffen werden sie nur noch von Thandie Newton, die bisher vor allem in ambitionierten Filmen zu sehen war. Aber weil zu einer richtigen Schauspielerkarriere auch ein tumber Bumm-tschakka-tschakka-Film gehören muß, entschloß sie sich, die Rolle der Schablonen-Nyah anzunehmen. Völlig lustlos und mit dem Bewegungsradius einer Schaufensterpuppe strahlt sie soviel Sex-Appeal aus wie eine drei Wochen alte Tennissocke. Dazu kommen die Niedrige-Altersfreigabe-Hürden (Bettdecke nach der Liebesnacht bis zum Kinn hochgezogen, Küsse mit halbgeschlossenem Mund...) und die Klischees aus Lektion 3 von "Wie schreibe ich ein Drehbuch" (Cruise rettet Newton das Leben, worauf sie sich in ihn verliebt und mit ihm schläft; Newton erkrankt, worauf Cruise das Heilmittel besorgen muß; Newton wird als hübscher Köder eingesetzt, da nur die Männer die harte Arbeit machen können...), und fertig ist die Retorten-Schöne, die sich an den Helden ranschmeißt.

Dieser darf sich zu gelungener Musik und Woo-typischer, interessanter Kamera mit einer oder zwei Kanonen und einigen Tauben durch die Story ballern. Aber erst am Ende - zuvor wird der dünne Plot in zähen, abgedroschenen (Dreiecks-Lovestory ohne zwischenmenschliche Chemie, Flamenco-Spanier, Känguruh-Australier, Computer ohne Mäuse...), nachgemachten (Masken, Einbruch am Seil...) und unspannenden (der Bösewicht droht, seinem Thug den kleinen Finger zu ritzen - ich bin entsetzt!) Szenen solange ausgewalzt, bis er flach ist wie der Horizont der Drehbuchautoren. Das sind seltsamerweise Brannon Braga und Ronald D. Moore, die früher für zahllose großartige Star Trek: The Next Generation-Folgen verantwortlich zeichneten. Ausgerechnet diese zwei eigentlich kreativen Köpfe schludern hier eine verworrene, überlange und verquaste Geschichte hin, die sich am Ende doch auf den Satz "Die Bösen dürfen X nicht kriegen, sonst zerstören sie die Welt" reduzieren läßt. Und zu allem Überfluß haben die beiden auch noch die logischen Fehler aus Star Trek mitgebracht: da bekanntlich alle Menschen exakt denselben Metabolismus haben, dauert es nach einer viralen Infektion auch immer exakt zwanzig Stunden, bis keine Heilung mehr möglich ist. Eine Sekunde vorher bleiben keinerlei Folgeschäden - eine Sekunde nachher ist man zum Tode verdammt. So erklärt Hollywood uns auch noch die Biologie.

Und die Schwerkraft. Und die Mechanik. Und was sonst noch so zur Physik dazugehört. In den letzten dreißig Minuten nämlich, als endlich die von Woo gewohnt fetzig inszenierte Action losgeht. Da stört dann auch nicht mehr, daß Cruise im Kugelhagel noch - soviel Zeit muß sein - seine Sonnenbrille aufsetzt, oder daß die Motorräder nur deshalb herumfahren, damit Cruise sich eins schnappen kann, oder daß die feindlichen Autos schon beim ersten Blechschaden in die Luft fliegen wie eine ganze Tankstellenkette, oder daß ein Jeep schneller als ein Motorrad beschleunigt, oder daß die bösen Schützen ganze Magazine verfeuern, ohne einmal zu treffen, während Cruise mit einem Schuß, verkehrtherum auf dem Motorrad sitzend, fünf Böslinge auf einmal auslöscht, oder daß Cruise - angeblich sogar selbst - völlig unmögliche Stunts macht. Alles im normalen, die Zuschauer für dumm haltenden Rahmen.

Außerhalb des normalen Rahmens sind dann aber doch die Szenen, in denen Cruise tödliche Explosionen überlebt oder sich stundenlang prügelt, ohne daß eine Schramme zu sehen ist. Wie schon in der Kritik zu Fight Club besprochen, glaube ich, daß die völlig verharmlosende und blutarme Darstellung von Prügeleien in Filmen die Leute dazu verleitet, zu glauben, eine Schlägerei wäre harmlos. Und daß der Held immer großmütig und milde ist, gehört wohl auch in den Bereich der Mythologie.
Aus der Mythologie stammt auch der einzige kulturell brauchbare Aspekt von Mission: Impossible II: daß Bellerophon ein griechischer Held war, der Chimera getötet hat, konnte ich nicht vorhersehen - im Gegensatz zum Rest des Films.

* 1/2 von 5 Sternen.

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