Kritik:
Regie zu
führen und die Hauptrolle zu übernehmen ist eine
Aufgabe, an der schon Männer von wenn nicht
herkulischen, so doch dionysischen Ausmaßen (William
Shatner) bitter gescheitert sind. Dabei ein totgeglaubtes
Genre zu reaktivieren, eine weitere Rolle zu
übernehmen, einen Semi-Weltstar und eine schöne
Frau gekonnt zu dirigieren und nebenbei noch den
erfolgreichsten deutschen Film der letzten Jahre zu drehen,
das klingt nach einer Sisyphos-Prüfung, mindestens aber
nach einem direkten Weg ins Heart of
Darkness.
Seltsam
nur, daß Michael "Bully" Herbig, Regisseur,
Hauptdarsteller, Coautor und treibende Kraft hinter Der
Schuh des Manitu, weder 50 Kilo abgenommen hat noch an
Wahnvorstellungen oder Zwangshandlungen zu leiden scheint.
War der Dreh vielleicht gar keine unmenschliche Strapaze,
sondern eine freudige Kostümparade an authentischen
Schauplätzen, ist Herbig vielleicht gar kein
frustrierter Fließbandkomödiant, sondern ein
sympathischer Filmfreund mit sichtlichem Spaß an der
Sache, und ist der Erfolg von Der Schuh des Manitu
vielleicht darauf zurückzuführen, daß man
diesen Spaß an der Sache noch auf dem Gesicht des
kleinsten Nebendarstellers sehen kann, wenn die Indianer,
nachdem sie den Klappstuhl ausgegraben haben, auf den
Kriegspfad gehen zum Beispiel, oder wenn der grausame Bandit Hombre erklärt, warum sie nie ein Mädchen in die Bande aufgenommen hätten? Fragen über
Fragen, aber vielleicht findet sich eine Lösung, wenn
wir vom Einzelnen zum Ganzen so geschickt schleichen wie
Abahachis Zwillingsbruder Winnetouch.
Sky Dumont.
Kaum ist der Vorspann verblasst, schon bleibt der Zuschauer
an diesem wunderlich luftig-gelackten Namen hängen, der
so unwahrscheinlich ist wie die ganze Person Santa Maria,
die Dumont hier auf unnachahmlich komische Weise gibt.
Silbern gewellt das Haar, hochaufgeschossen die elegante
Gestalt in Schwarz, perlend süß die Stimme, zwischen
Kälte und Schmelz sub- und resublimierend der Blick,
und fertig ist der erinnerungswürdig-humorigste
Filmbösewicht seit langem, der, seine Cowboy spielende
Räuberbande wie einen Pfadfindertrupp führend,
für zahllose köstliche Momente sorgt, etwa wenn er
Abahachis letzten Wunsch erfüllt, seine Männer zur
Hygiene anhält oder frisch wie selbiger seiner
MoLa-geplagten Bande einen guten Morgen wünscht. Hilmi
Sözer als lebender Aschenbecher steht ihm dabei ebenso
tatkräftig zur Seite wie die anderen Komparsen, deren
schauspielerischer Traum, einen Western in (fabelhaft
ausgesuchten und wunderbar präsentierten)
"Original"landschaften zu drehen, sich aufs Schönste in
Saloons, Felsenhöhlen und der weiten Prärie
erfüllt. Einzig der immer wieder auftauchende Zug ist
allzusehr als CGI zu erkennen, was dem Spaß aber
keinen Abbruch tut ("Apollo 13!").
Ja, der
Spaß. Wie gut es nach Jahren der pseudofrivolen, in
Wahrheit verklemmt-unreifen Spermafontänen,
Analintrusionen und Phallusphantasien tut, oberhalb des Gürteläquators gelegene, clevere bis
leicht bescheuerte Wortwitze zu hören, urkomische, gut
getimte und musikalisch spannend inszenierte Slapstick- und
Revueeinlagen zu sehen und das
rührend altbackene, aber keinesfalls altmodische
Humorverständnis Bullys und seiner Crew zwerchfellig zu
spüren, kann wohl nur ganz ermessen, wer Jerry
O'Connell in einem Film über "rimming" und das Huhn
oder wahlweise Renée Zellweger in Me, Myself &
Irene erleiden mußte. Natürlich ist mancher
Scherz arg angestaubt oder kindlich, aber die herrlich
klischeehaft an alte Westernklassiker erinnernden Bilder und
der blendend aufgelegte Apachen- und Cowboycast ("Indianer!"
- "Servus!"), dessen Protagonisten Herbig und Tramitz sich
ergänzen wie Waldorf & Statler, machen das genauso
vergessen wie den zwar stimmigen, aber konventionelle
Schatzkartenfilmpfade nicht verlassenden Plot sowie die
kuriose Leistung Marie Bäumers, deren Overacting
mitunter etwas forciert wirkt - Komödien scheinen nicht
ganz ihr Fach zu sein, aber als Halbblut Uschi sorgt sie
dennoch für einige Schmunzelmomente ("Jetzt schreibt
jeder auf, was ihm am Anderen nicht gefällt!"). So
stellt sich Der Schuh des Manitu als
familienfreundlich-liebenswerter und stimmungsvoll
inszenierter Westernspaß dar, dessen leichte
Schwächen ihm jedoch den Weg in den Komödienolymp
versperren. Aber vielleicht führt Apollo 14 einen ja dahin - falls man nicht über Gleise
muß.
  1/2 von 5 Sternen.
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