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The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring

-- Can't find them, can't bind them --

Szene aus The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring

Info über The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring (NZ 2001)

Regie: Peter Jackson

Darsteller: Elijah Wood, Ian McKellen, Viggo Mortensen, Sean Astin, Liv Tyler, Cate Blanchett

Inhalt: Der Hobbit Frodo macht sich auf, einen magischen Ring zu zerstören, um die Welt zu retten.

Kritik: An Tagen, wenn - der Held und sein Wetter - innen, außen und in der Welt Schnee fällt, ein gnädiges Leichentuch über alles vergangene Schicksal, hilft es, vielleicht, ins Kino zu gehen, um sich zu entsinnen, daß es eine Zeit gab, in der ein Titel wie "Die zwei Türme" keine politische Anspielung war, eine Zeit, in der im Frühling nur Blüten und im Herbst nur Blätter regneten und keine Asche. Wintergedanken eines Kritikers, so bitter, wie es des Standes ziemt.

Allein, es fragt sich, ob ein professionell depressiver Kritiker, so er denn überhaupt den Weg in Peter Jacksons Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring gefunden hat - bekanntlich steht die Rezensentenzunft seit fünf Jahrzehnten auf Kriegsfuß mit den beim Volk dennoch - oder gerade deswegen? - immens beliebten Büchern John Ronald Reuel Tolkiens, auf denen Jacksons Adaption basiert -, überhaupt lebend aus dem Kinosaal ins Licht des Foyers tritt oder gleich die Abkürzung ins Rotlicht der Vorhölle nimmt: so wehmütig ist der Film bisweilen, so süß werden alte, glorreiche Tage besungen, daß es scheint, als wäre nicht nur auf der Leinwand, sondern auch im Saal alles Leuchten im Dunkel vergangen.
Aber, und damit genug der melancholischen Schwere und zurück zu den bekannten Kalauern auf niedrigem Niveau, das ist nur die erlöschende Kinobeleuchtung, und schon beginnt der Film, und Galadriels Stimme, von Cate Blanchett bewundernswert intensiv und klar gegeben, erzählt von der Geschichte des Einen Ringes, geschmiedet von Sauron, dem Verräter. Kaum hat man Zeit, sich darüber zu wundern, daß Peter Jackson, im weiteren Verlauf des Filmes zu einer Art Idol aufsteigend, uns gleich zu Anfang einen seiner wenigen Fehler in Gestalt eines übergewichtigen Sauron mit brauner Schürze und einer aus Eitelkeit zwei Nummern zu klein gewählten, lächerlich verzierten Ich-bin-böse-und-das-ist-auch-gut-so-Rüstung vorsetzt, da geht es zwischen Orks und Elben und Menschen auch schon so bombastisch zur Sache, daß die Wartezeit auf die folgenden Teile mit noch größeren Schlachten wieder um ein Vielfaches länger zu werden scheint. Der Elb Gil-galad und der Mensch Elendil ziehen mit ihren Armeen gegen den Dunklen Herrscher zu Felde, und der von Jacksons, Fran Walshs und Philippa Boyens' packendem Skript, Andrew Lesnies atmosphärischer Kamera und Howard Shores bewegender Musik wunderbar als der eigentliche Hauptdarsteller in Szene gesetzte Ring kommt zu ihnen, nur um sogleich wieder im Dunkel der Geschichte zu verschwimmen.

Fast genau dreitausend Jahre später kommt der Zauberer Gandalf ins Shire, und der Weight-Watchers-Sauron ist verziehen und vergessen: so idyllisch ist die wunderschöne, sommergrüne Hügelchenlandschaft, so bezaubernd spielt die Musik, so kugelrund, lebens- und sinnenfroh sind die digital völlig unmerklich um einen Meter verkleinerten Hobbits (ein Paradebeispiel und eine der vielen vollkommen ideal besetzten Personen ist Sarah McLeod als rosig-runde Rosie Cotton), und so gut sind Elijah Wood, Ian Mc Kellen und selbst die feuerwerksbegeisterten Hobbitkinder, daß auch dem verbissensten Griesgram das Herz übergeht und Gelächter selbst dann immer noch ertönt, wenn man die Szene, in der Gandalf behauptet, ein Zauberer erscheine immer zur genau richtigen Zeit, schon mehr als einmal gesehen hat.
Aber es wird noch besser, und Elijah Woods sanft-intelligenter und sympathischer Frodo und Ian McKellens herausragend humorvoll-weiser und brillant gesprochener Gandalf treffen ihren schauspielerischen Meister in Ian Holm, der als alternder Bilbo ein unvergleichliches Kabinettstückchen zwischen Gier nach dem Ring (der vor langer Zeit in Bilbos Hände geraten ist) und Sehnen nach der weiten Welt abliefert. Fast übersieht man vor lauter begeisternden Schauspielern die liebevollen und detailreichen Kulissen, die feinsinnige und akkurate Umsetzung und die leichtfüßigen Anspielungen von und auf Tolkiens Werk sowie die berauschenden Tricks.

Indes, Frodo muß das Shire verlassen, um den Ring, der zu ihm gekommen ist, in Sicherheit zu bringen, wobei er von drei befreundeten Hobbits in Gestalt der zwar nicht überwältigenden, aber durchaus soliden und bisweilen sogar rührenden Schauspieler Sean Astin (Sam), Billy Boyd (Pippin) und Dominic Monaghan (Merry) begleitet wird. Schien es bisher, als wolle das Herz des Zuschauers platzen wie der Bauch eines überfütterten Hobbits dank so viel Shire-Idylle, bleibt es jetzt angesichts der schwarzen Reiter Saurons schier stehen. Die Nazgûl, vom Dunklen Herrscher korrumpierte und zu Geistern gewordene ehemalige Könige, sorgen nicht nur für die Auferstehung des seit den letzten Westerntagen totgeglaubten spektakulären Pferdestunts, sondern auch mit einfachen Mitteln (Kutten, Schwertern und markerschütternden Schreien) für einige der nachhaltigsten Schockeffekte des modernen Kinos. Mit der Hilfe des Waldläufers Aragorn (Viggo Mortensen kampf- und spielstark) können die Hobbits vor den Reitern fliehen, aber erst Liv Tyler als Arwen Undómiel schafft es, die Nazgûl endgültig aus dem Film zu spülen.

Ja, Liv Tyler: Aufruhr erhob sich im Fandom wie Feuer über dem Schicksalsberg, als bekannt wurde, daß die Tochter des Aerosmith-Frontmannes Steven Tyler (das Angelina Jolie-Paradoxon: wie astralschön muß die Mutter eigentlich aussehen, um das "Aussehen" des Vaters wettzumachen?) - die trotz ihrer durchaus vorhandenen Schauspielkünste den Fehler begangen hatte, in Michael Bays Meteorpenetrationsopus Armageddon mitzumachen - Arwen spielen sollte, die schönste Unsterbliche seit Lúthiens vergangenen Tagen. Der Aufruhr wurde zur Eruption aus Lava und Haß, als weiter durchsickerte, daß die im Buch kaum vorkommende Elbenschöne im Film eine weitaus tragendere Rolle übernehmen, ja sogar eigenhändig dem Bösen gegenübertreten sollte: Arwen Warrior Princess.
Und was ist, am Ende, nun hinten rausgekommen? Eine erstaunlich gelungene und spannende, zum Teil wunderbar elbischsprachige und schließlich sogar sehr romantische Darstellung, auf der von flirrendem Kitsch umwölkten Brücke in Rivendell, natürlich. Außer vorauseilendem Plärren nichts gewesen, oder: quamvis sint sub aqua, sub aqua maledicere temptant.

Selbst seltene pathetisch-übertriebene oder zuckersüße Momente wie diesen mag man verzeihen, wenn man nicht gänzlich voreingenommen ist; denn die zwischen die Reise der Hobbits nach Rivendell geschnittenen Szenen mit Ian McKellen und Christopher Lee als arrogantem Zauberer Saruman gehören auch in einem erinnerungswürdigen Film wie diesem zu den Perlen: die rasanten Fahrten über Sarumans Feste Isengard und durch das Innere seines Turmes Orthanc stellen einen weiteren überwältigenden Triumph der beteiligten Modell- und Computerkünstler dar. Aber mehr noch als anderswo droht den Kulissenbauern hier jede Anerkennung versagt zu bleiben: Christopher Lee als hochfahrender Meister des Ordens der Istari (Zauberer) saugt alle Aufmerksamkeit mit hypnotischem Spiel und beeindruckender Stimme so leicht auf sich, als besäße letztere wirklich magische Kräfte, und es fällt nur allzu schwer, sich von dieser magnetischen Präsenz zu lösen, um dem Film weiter zu folgen.

Doch es muß natürlich weitergehen, und Elrond (Hugo Weaving - der mit solchen Kleidungsstücken bereits Erfahrung gesammelt hat - in einem bodenlangen Rock) versammelt Vertreter aller Völker der Welt in seinem Haus in Rivendell, um über das weitere Schicksal des Rings zu entscheiden. Die Ringgemeinschaft entsteht, und trotz der Überlänge von knapp drei Stunden vermißt man hier ein wenig eine ausführlichere Einführung des Zwerges Gimli, des Elben Legolas und des Menschen Boromir, allein schon, weil man John Rhys-Davies, Orlando Bloom und Sean Bean, die sich samt und sonders allein, mit- und gegeneinander selbst übertreffen, stundenlang zusehen könnte.

Der Ring geht nach Süden, und habe ich bisher nicht die unglaublichen Landschaftsaufnahmen erwähnt, so nicht, weil sie schlecht wären, sondern weil soviel Anderes zu loben war: die wundervollen Naturbilder bringen die entrückte Traumschönheit Neuseelands mit schneebedeckten Gipfeln in unmittelbarer Nachbarschaft europäisch anmutender Mischwälder, kristallklarer Seen und weiter, grüner Prärie so gut zur Geltung, daß man nicht nur wünscht, die Kino- wäre eine Flugkarte, sondern auch allen leblosen Studioaufnahmen für immer entsagen will.
Aber es kommen, natürlich, die Minen von Moria und lassen diesen hastigen Entschluß schnell vergessen: unter den Nebelbergen, im Studio, brennen die Spezialisten von Weta ein derartiges Effektefeuerwerk ab, daß es scheint, als habe sich selbst der fürchterliche Balrog daran entzündet. Zwischen sehr real, also recht hektisch wirkenden, hautnahen, wuchtigen und packenden Kämpfen werden Trolle, glühende Schwerter und Dämonen aus Feuer und Schatten so wirklich eingebunden, daß man endlich ebenso erschöpft wie die Kämpfer ist, wenn es aus der Schwärze der Minen zur Erholung in die Wälder Lothlóriens geht.

Nichts, seufzt die speckige Baskenmütze des halbmainstreamigen Cineasten, ist erholsamer, als Cate Blanchett in einem weißen Nachthemd zu betrachten! Peter Jackson, der Schelm, weiß das natürlich und zieht, wenn schon nicht dem Cineasten, so doch der schauspielerisch wahrlich begabten und tiefgehend attraktiven Cate Blanchett ein weißes Kleid an und läßt sie die wunden Kämpfer und den Zuschauer treulich umsorgen. Wieder wünscht man, wie schon in Isengard, ewig hier bleiben zu können (wobei die Wahl zwischen einem machtbesessenen Istar ohne Nagelschere und einer allweise-spitzohrigen Elbin nicht allzu schwer fällt), aber natürlich muß es zum Ende gehen, und der Anduin führt uns, an den riesigen Statuen des Argonath vorbei, mit einem unheilschwangeren Blick zu Saurons grausamer Festung Barad-dûr, zum letzten, rasant-klirrenden Kampf und ins endlose Warten auf den zweiten Teil. Eine beruhigende Weise Enyas begleitet den euphorisierten Zuschauer aus dem Saal, läßt ihn aber, wie alle, mit der letzten aller Fragen allein: wie will Peter Jackson dieses berückend gespielte, verschwenderisch genau ausgestattete, atemlos spannende und ehrlich bewegende Meisterwerk noch übertreffen?

****1/2 von 5 Sternen.

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