Kritik:
Rothaarige! Prometheus'
letzte Kinder! Abgesandte der Hölle, Buhlen des Satans
und Geschöpfe des Feuers - früher oft genug zu
selbigem zurückgekehrt, heute als leidenschaftliche
Gildas oder schaumzarte Ariels verkannt. Der Autor, selbst
blond, aber linkshändiger Paria in einer Welt
heimtückischer Dosenöffner, böser Scheren und
kleckernder Füller, vermag aufgrund des Fehlens
geeignet klischeehafter Filmlinkshändler leider nicht
nachzufühlen, was es für einen Rothaarigen
heißt, Gleichfarbige auf der großen Leinwand so
agieren zu sehen, als gälte es, den wehenden Schopf
allein kraft energisch-aggressiver Taten anzuzünden,
kann aber knisternd-elektrischen Zorn erahnen. Möge
Alanis Morissette am Jüngsten Tag auch hier den
(silbergrauen) Regisseuren und Produzenten
vergeben!
Überhaupt
scheint Brian Helgeland, Autor und Regisseur von A
Knight's Tale, himmlischen Beistand in manchen seiner
Filmszenen bitter nötig gehabt zu haben, die im
irdischen Zustand so fürchterlich peinlich sind,
daß man nur furchtsam zum Herrn seiner Wahl beten
kann, von dieser Qual erlöst zu werden:
markig-hölzerne Pubertätssprüche,
nulldimensionale Kinderwitze, Charakterzeichnungen mit der
lyrischen Zartheit eines Pferdeapfels und
tränenpressende Dialoge jagen einander in einem so
wirren Ringelpiez, daß dem Zuschauer zuerst
schwindlig, dann schläfrig und schließlich
schlecht zumute wird. Dazu kommen eine Schwarzweißmystik, die
zwischen dem blonden Seraphim und dem dunklen Luzifer nur
noch den rot-cholerischen Luftgeist duldet, Soundeffekte,
die bloße Faustschläge klingen lassen, als
schleuderten Titanen ganze Galaxien aufeinander, Musik, die entweder anachronistisch stört oder so
tönt, als würde die Erschaffung des Universums
bebildert, und ein bisweilen schwer erträgliches
Bedürfnis, trotz der mittelalterlichen Szenerie so
modern zu sein, als gälte es, die MTV-Ästhetik
für alle Zeiten als einzig gültige in Stein zu
meißeln. Ihr Publikum werden der nervig
cherubinisch-goldlockige, aber schauspielerisch reichlich
beschränkte Känguruh-Shootingstar Heath Ledger und
Helgeland dennoch finden, und sei es, weil es dem Team um
den Kameramann Richard Greatrex tatsächlich gelingt,
den Joust so spannend wirken zu lassen, als fände er
nicht in den dark ages, sondern bei den American
Gladiators statt.
Der
komplette A Knight's Tale allerdings präsentiert
sich ebenso einsilbig und künstlich aufgeblasen wie
Laser oder Nitro: die Charaktere (Heath Ledger als porentief
guter Verwirklicher seines "amerikanischen" Traums, Mark Addy,
vor allem aus The Full Monty bekannt, als
gutmütiger Dicker, der
Martin-Semmelrogge-Doppelgänger Alan Tudyk als
aufbrausender Rotschopf und comic relief und Paul
Bettany als - Achtung, kulturelle Anspielung -
exaltiert-spielsüchtiger Geoffrey Chaucer) werden trotz
der überlangen Laufzeit von mehr als zwei Stunden so
holprig-hastig eingeführt, als müsse man mit allen
Mitteln Zeit für hochwichtige Szenen schaffen.
Verwunderung und Enttäuschung wandeln sich jedoch
spätestens nach dem zwölften Joust-Kampf zu
unkontrollierter Raserei, wenn man merkt, daß alles,
was A Knight's Tale wichtig ist, Eisen, Lärm und
Gebrüll sind. Dem splitternden Auftreffen
mächtiger Lanzen (ein schelmischer Freudianer, wer hier
an die Neonszene aus Spaceballs denkt) auf immerhin
originalgetreu-akkurate Rüstungen wird alles
untergeordnet, was zumindest ein klein wenig Spannung
verspricht: Rufus Sewells glasäugiges
Bösewicht-Potential wird ebenso PG-13-bedingt
verschenkt wie die Schönheit der Hawaiianerin Shannyn
Sossamon, die zwar nicht besonders gut schauspielern kann,
der aber selbst die Unfarbe Gelb und die skurrilsten
Frisuren und Ornamente erstaunlich gut stehen; wie man
weiterhin eine Trainings- und Ausbildungsmontage nicht
langweilig, sondern humorvoll und spannend inszenieren kann,
hat erst vor kurzem Michael Herbig mit Der Schuh des
Manitu gezeigt, wie man es fertigbringt, eine in
Rückblenden gezeigte Herkunft aus ärmlichen
Verhältnissen nicht nebelkitschig und
Oliver-Twist-tränenerstickt, sondern glaubwürdig
und anrührend zu illustrieren, ist mindestens seit
Citizen Kane, spätestens aber seit John Boormans
The General ebenfalls bestens bekannt, und wie man
ein mittelalterliches Fest nicht blutleer und steril,
sondern rauschend und atmosphärisch auf die Bühne
bringen kann, ist in Excalibur (auch von John
Boorman) so meisterlich zu sehen, daß heutige
Filmemacher im besten Wissen und Gewissen, daß Kopie
eine besondere Form der Anerkennung ist, bedenkenlos und
freudig abkupfern könnten.
Umso
unverständlicher ist daher, daß Brian Helgeland,
statt sich um seinen Film zu kümmern, wie ein von
seinem neuen Spielzeug faszinierter Schuljunge wieder und
wieder immer heroischere und unglaubwürdigere Jousts
zeigt, die am Ende, wenn Heldenmut und Ehrgefühl kurz
vor dem natürlich teletubbiefröhlichen
Schluß gurgelnd in mannhohem
Ich-bin-ein-echter-Ritter-Pathos versinken, nur noch
lächerlich und aufgesetzt wirken. Außer einer
visuellen Idee nichts gewesen - das "Baywatch" der
Ritterfilme. Ohne Pammie.
von
5 Sternen.
|