Kritik:
Wenn Filme
Menschen wären, dann wäre Armageddon der
zurückgebliebene und häßliche Neffe, der bei
Familientreffen immer versteckt werden müßte,
Speed der zu laute, nach der Grundschule
abgegangene, GTI fahrende Prolo, und The Jackal tagsüber der nette, gebildete und
gutaussehende Dr. Jekyll und nachts der abstoßende und
bösartige Mr. Hyde.
Wie kaum
ein anderer Film ist The Jackal in zwei von Grund auf
unterschiedliche Teile gespalten: auf der einen Seite
toll und atmosphärisch gefilmte, realistische Szenerien
und Kamerafahrten, in denen Bruce Willis zu passender,
spannender Musik mit seinen eher begrenzten mimischen
Fähigkeiten die Idealbesetzung des emotions- und
identitätslosen Schakals darstellt. Bruceys
hakennasiges Profil gefällt in jeder neuen Verkleidung,
und der Zuschauer jauchzt vor diebischer Freude, wenn der
Bösewicht immer neue Verbrechen immer unterkühlter
begeht. Die Zigarettenpackungs-Szene oder die
schnörkel- und wortlose Erschießung des schwulen
Regierungsbeamten bringen eindrucksvoll die Brutalität
und Professionalität des Killers rüber. Etwas
seltsam ist nur, daß der Schakal im Buch explizit (und
im ersten Film implizit) sowohl bei Männern als auch
bei Frauen Unterschlupf findet, diese neue Verfilmung Bruce
jedoch nur beim Küssen mit Männern zeigt (und wann
gibt es sowas schon in Hollywoodfilmen?). So wird der
falsche Eindruck erweckt, der Mörder sei nur
Männern zugeneigt, während er sich in Wahrheit
völlig fühllos den momentan opportunen Partner
zum Verstecken in dessen Wohnung aussucht.
Aber die Kenntnis dieses Umstandes stört zum Glück
nur wenig, während man dem Schakal (sogar der Name ist
cool) begeistert bei seinen liebevollen und akribischen
Vorbereitungen zusieht und hofft, daß er nicht
geschnappt wird.
Leider
jedoch gibt es da noch die andere Hälfte des Films, in
der ein komplett lustloser, schlaffer, nicht
überzeugender, vom Scheitel bis zur Zehe klischeehafter
"IRA-Terrorist" Richard Gere zusammen mit einem passablen
Sidney Poitier und einer "Ich Rrrusse! Viel
Klischee!"-Agentin in seltsamerweise sterbenslangweilig
gefilmten, vertonten und gespielten Szenen auf völlig
haarsträubend unglaubwürdige Weise dem Killer auf
die Spur kommen darf. Wie schon das Buch und die
Originalverfilmung leidet auch der neue Schakal daran,
daß der Mörder eigentlich viel zu perfekt
arbeitet, um geschnappt werden zu können, was aber
für ein Happy-End unabdingbar ist. Wo sich die
Vorgänger jedoch noch bemühten, plausible
Möglichkeiten der Spurenfindung zu liefern, findet Gere
hier die Pläne der Kanone, die der Mörder
zufälligerweise vergessen hat, sieht voraus, daß
der Schakal an einer Bootsregatta teilnehmen wird und weicht
schließlich sogar den Kugeln des Bösewichtes fast
so geschickt wie Keanu Reeves in The Matrix aus,
alles begleitet von Dialogen und Mienenspielen plattester
Art. Wir erfahren, daß die Russin wegen ihrer Narben
unglücklich ist, denn bekanntlich - wir sind in
Hollywood - finden nur schöne Frauen einen Mann, wir
hören etwas von Geres Verflossener und wünschen
dann nur noch, der Film möge endlich enden.
Das tut er
dann auch, als die beiden Handlungsstränge endlich
zusammengeführt werden und in den unlogischsten,
unglaubwürdigsten, physikalisch unglaubhaftesten und
erbärmlich unspannendsten Szenen seit langem immer neue
Tiefpunkte finden. Natürlich gewinnen die Guten, und am
Ende kommt Gere sogar frei, nachdem er auf die Frage "Wer
war der Schakal?" noch die welterklärenden Worte
"Egal. Er war böse, und er ist tot." absondern durfte.
Vor soviel Weisheit muß jeder Bösewicht ja
ehrfürchtig kapitulieren.
 von
5 Sternen.
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