Kritik:
Hurra, nach
Ewigkeiten gibt es endlich wieder einen Film von meinem
liebsten verrückten Briten, Tim Burton. Mußte ich
mich noch vor kurzem im Fernsehen mit dem eher bitteren
Mars Attacks oder den hervorragenden ersten zwei
Batman-Teilen vertrösten, so konnte ich jetzt
wieder im Kino den Visionen des Meisters
frönen.
Und siehe
da, es hat sich wieder einmal gelohnt: der Film spielt in
einer gelungenen, etwas an Nightmare before Christmas
erinnernden
Neuengland-Wälder-Nebelschwaden-Gräber-Gotik-Mystik,
in der jedes einzelne Bild eine reine, durchkomponierte,
üppig und typisch burtonesk ausgestattete Augenweide
ist. Mit seltsamen Gerätschaften, filigranen
Kostümen und gekonnt kontrastigem Licht-und
Schattenspiel in den Wipfeln der echten Bäume (oho,
keine Kulissen!) - von einer agilen und neugierigen, gierig
Bilder aufsaugenden Kamera schön in Szene gesetzt - wird
der lebensechte Eindruck noch verstärkt, behält
aber dennoch immer das etwas der Wirklichkeit entrückte
Gotham-City-Feeling der Filme Burtons.
Mittendrin,
gepudert, mit Perücke und auf blass geschminkt, die
erste Garde der zweiten Reihe Hollywoods, mit dem bekannten
Jeffrey Jones als heuchlerischem Pfarrer, Christopher Walken
als bösem Hessen (ich fürchte, in Deutschland wird
man das als Witz verstehen...), Miranda Richardson als
(böser?) Stiefmutter, "Imperator" Ian
McDiarmid als Doktor, Dracula Christopher Lee
als bösem Richter, Batman-"Alfred" Michael Gough
als abergläubischem Notar und Starship
Troopers-Schönling Casper Van Dien als keckem
Dorfmacho. Alle liefern vergnügt eine passable bis gute
Darstellung ab, aber da es sich bei Sleepy Hollow
bestimmt nicht um einen Oscaranwärter handelt (viel zu
schräg, und Tom Hanks spielt auch nicht mit...),
reißen sie sich kein Bein aus (nur den Kopf);
aber sie anzusehen macht trotzdem Spaß.
In den
Hauptrollen: ein vor allem am Anfang eher blass-konturloser,
der Ratio anhängender Johnny Depp, der später zum
verängstigten Stadtmenschen und zum Aufdecker der
Dorfverschwörung wird, wobei sich seine Darstellung
seltsamerweise im Lauf der Geschichte immer mehr verbessert.
Einzig in den etwas plump-kitschig geschriebenen
Liebesszenen holpert er noch. Aber auch das wunderbar
talentierte (hier blondgefärbte), pummelige Darling der
Indie-Szene, Christina Ricci, macht es da nicht besser - in
den übrigen Szenen dagegen zeigt sie, wieviel sie kann
und wird zu einer elfengleich blassen, magisch strahlenden,
waldgeborenen Nymphe.
Zusammen, mit zuerst arrogant-städtischen
New-York-Investigationsmethoden und dann mit Hilfe der
Naturmagie, von schockenden Horrorszenen (mit
stimmungsvoller Musik von Danny Elfman) und skurrilen
Special-Effects in guter Maske umrahmt, kommen sie einem
lebensgefährlichen und übernatürlichen
Geheimnis (und, natürlich, aber etwas schwach
umgesetzt, ihrer Liebe) auf die Spur, aber zuviel soll hier
natürlich nicht verraten werden.
Wer eher auf vorhersehbare Streifen mit weniger
lustig-irritierenden "Ekel"-Szenen und interessanten Details
steht, sollte besser verzichten; allen anderen aber
eröffnet sich ein echt verschrobener Geheimtip - eben
ein Tim Burton.
   von
5 Sternen.
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