Kritik:
Da es in der Herde
immer wärmer ist und da kollektives Blöken so viel
Spaß macht, brach auch ich nach Dutzenden positiver
Kritiken und Empfehlungen endlich in High Fidelity
auf. Leider ist Stephen Frears' Film nicht das erhoffte
Meisterwerk, aber glücklicherweise auch nicht die
befürchtete Gurke - Dank sei dem exzellenten
Hauptdarsteller und der extrem sympathischen dänischen
Hauptdarstellerin.
John Cusack
als freundlicher Verlierer ist genauso glaubwürdig wie
humorvoll, seine in die Kamera gesprochenen Bemerkungen
sitzen, und sein musikalisches Fachwissen ist beeindruckend.
Ihm gegenüber steht die auf wahnsinnig skandinavische
Weise attraktive Iben Hjejle, die mit ihrem (nur scheinbar)
unaussprechlichen Namen zumindest die Amerikaner
gehörig verwirrt hat. Alle anderen bewundern ihr
klares, schönes Profil mit dem Blondhaar und den
dunkelblauen Augen, die schlank-vollkommene Figur und die
weißen Zähne im bezaubernden Lächeln.
Zusammen mit ihrem Talent und ihrem leichten Akzent wird
jede Szene mit Iben Hjejle so zu einem Genuß,
besonders dann, wenn sie mit Cusack oder dem
Überraschungsgast Tim Robbins als skurrilem Karate-Guru spielen
darf.
Wenn Rob gerade nicht seiner Laura nachtrauert (und nach
einiger Zeit kann man das nachfühlen - zum Glück
(?) gibt es ein Happy-End nach einigen länglichen
Gesprächen; seltsamerweise geht der Film danach noch
eine gute Weile weiter und wird immer zäher), sitzt er
im Plattenladen und ergeht sich in Musik-Insiderscherzen mit
seinen klischeehaften Angestellten: der eine ist ein so
vollkommener Musik-Nerd, wie es sie in Wirklichkeit gar
nicht gibt, und der andere ist ein grimassenreißender
Fettklops. Da Witze auf Kosten von Schwabbeln mittlerweile
in die Jahre gekommen sind, dürften diese Szenen wohl
nur jene begeistern, welche sich an den zahllosen
Anspielungen auf Bands und Musikstücke
erfreuen.
Apropos
Musik: davon gibt es gleich sechs Abspannbildschirme voll,
bevorzugt aus den Siebzigern und Achtzigern, manchmal
durchaus passend, meist etwas penetrant. Auch die
Kameraarbeit und der als dramatische Metapher für
stereotype Beziehungsturbulenzen überstrapazierte
Platzregen wirken manchmal wie aus dem vorvorigen Jahrzehnt,
und die betuliche, repetitive und gedehnte Erzählweise
könnte gut einen oder mehrere Schüsse moderner
Hektik vertragen. Denn immer noch eine Szene mit Robs allesamt an Störungen der einen oder anderen Art leidenden Verflossenen (darunter Catherine Zeta-Jones) langweilt
spätestens beim vierten Mal, und so versumpft High
Fidelity trotz aller guten Schauspielleistungen und
netten Scherze mitunter in Reizlosigkeit und verfehlt am
Ende den Punkt, der von Anfang an eh nur sehr vage zu erkennen gewesen war. Schade um den mangelnden Elan, aber ein ordentlicher
Beziehungsfilm und eine nette Musikkomödie ist High
Fidelity trotzdem.
von
5 Sternen.
|