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Fantasia 2000

-- Ta-ta-ta-taaa!--

Szene aus Fantasia 2000

Info über Fantasia 2000 (USA 1999)

Regie: James Algar, Gaëtan Brizzi

Darsteller: Wayne Allwine, Tony Anselmo, Angela Lansbury, James Levine, James Earl Jones, Steve Martin

Inhalt: Zeichnerisch illustrierte klassische Musikstücke.

Kritik: Ab und zu tut es gut, Urlaub von all den harten Helden, einzigartigen Explosionen, hübschen Häschen und wirren Wendungen zu nehmen, die das heutige Mainstream-Kino bietet, und eine ganz andere Art Film zu genießen. Und wie gerufen erscheint Fantasia 2000, die Neuauflage des bekannten Disney-Klassikers Fantasia, in dem verschiedene klassische Musikstücke mit jeweils unterschiedlichen Zeichentrickfilmen visualisiert wurden. Sechzig Jahre nach dem Originalfilm hat Disney weder Geld noch Mühen gescheut, um mit neuen (computer-)zeichnerischen Mitteln möglichst beeindruckende Bilder zu erzeugen. Schnell noch das Chicago Symphony Orchestra, den weltberühmten Solisten Itzhak Perlman und den nicht minder bekannten Dirigenten James Levine verpflichtet, ein paar berühmte Ansager eingekauft, und alle Voraussetzungen für einen Spitzenfilm sind da.

Daß Fantasia 2000 dennoch "nur" gut geraten ist, liegt seltsamerweise vor allem an den bekannten Ansagern. Wenn man auf ununterbrochenen Zeichentrickgenuß eingestellt ist, stört es doch sehr, wenn sich Steve Martin oder der Quotenschwarze James Earl Jones zwischendurch in lauen Scherzen ergehen, wenn Bette Midler die ganze Zeit dumm grinst oder wenn Angela Lansbury ihre runzlige Haut vorzeigt. Wie hineingeklebt und als ob ihre völlig übertrieben guten Anzüge schlecht sitzen würden, stehen die Schauspieler da und sagen das nächste Stück an, das den Zuschauer endlich vom Realfilm-Anblick von James Levines ungebändigtem Wuschelkopf erlöst.

Die Zeichentrickfilme selbst zeigen sich von ihrer technisch und farblich prachtvollsten Seite (die schönsten bunten Lichter, kräuselnden Wellen und schnuckligen Tiere kommen immer noch von Disneys Zeichentischen), aber von durchaus unterschiedlicher Qualität. Eröffnet wird der bunte Reigen von Ludwig van Beethovens fünfter Symphonie, die einen bildlich eher langweiligen Kampf abstrakter Schmetterlinge untermalt. Weiter geht es mit Ottorino Respighis wunderschönem "Pinien von Rom", zu dem etwas steril im Computer gezeichnete Waleltern im Polarmeer mit ihrem Schabernack treibenden Kind durch die Luft fliegen. Die Eskapaden des Walkindes stehen in der besten Disney-Tradition der lustigen, slapstickartigen Szenen von solchen Sidekicks wie Pumbaa oder Mushu und regen auch verknöcherte Erwachsene noch zu einem Lächeln an.

Dann folgt George Gershwins herrliche "Rhapsody in Blue", die die musikalische Grundlage für einen Tag im Leben einiger Personen in New York bildet. Ihre Suche nach persönlichem Glück wird in einem etwas gewöhnungsbedürftigen Zeichenstil schön lustig gezeigt, immer in wunderbarer Übereinstimmung mit Takt und Rhythmus von Gershwins Musik. Als nächstes ist das zweite Konzert des eher unbekannten, aber genialen Dmitri Schostakowitsch dran, zu dem Hans Christian Andersens klassisches Märchen vom standhaften Zinnsoldaten gezeigt wird. Auch hier wirken die Figuren durch den häufigen Einsatz der Computeranimation steril und leblos, und die Tötung des Bösewichtes im Feuer in schlechtester Auge-um-Auge-Disney-Tradition ist auch fragwürdig, aber das tut der Klasse der Story (fast) keinen Abbruch.

Ein kurzer, unspektakulärer Slapstickfilm mit Flamingos und Jojos zu Camille Saint-Saëns' "Karneval der Tiere" ist der Auftakt zum Finale, das die besten Teile von Fantasia 2000 bietet: der klassische Zauberlehrling-Film mit einem herumtänzelnden Micky Maus nach dem gleichnamigen Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe zu Paul Dukas' gleichnamiger Musik ist mit seinem Humor, seinen interessanten und kräftigen, mit Liebe handgemachten Bildern und seiner unschlagbaren Verknüpfung von Auge und Ohr immer noch das Glanz- und Schmuckstück der Reihe. Es folgt ein weiterer guter Film mit Publikumsliebling Donald Duck als Archenmatrose, der glaubt, seine Daisy in der Flut verloren zu haben. Edward Elgars "Pomp and Circumstance" passt manchmal nicht ganz zu den Bildern, aber dafür bieten diese mit Donalds Wutanfällen und lebensechten Tieranimationen einiges für den Sehnerv. Zum Ende gibt es noch eine allegorische Adaption von Igor Strawinskys "Feuervogel", in der die Natur im Kampf mit einem feurigen Bussard den Boden begrünt, alles etwas kitschig-klebrig umgesetzt, aber nicht so, daß es weh tun würde.

Zusammengefasst also bietet Fantasia 2000 trotz der mißlungenen Realfilm-Witzchen einiges fürs Geld: prima gespielte Musik mit meist schön genießbaren Bildern macht diesen Film zu einer Empfehlung für alle, die die Grenzen linearer Plots und kontinuierlicher Geschichten überschreiten wollen.

***1/2 von 5 Sternen.

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