Moviebazaar Moviebazaar

Enigma

-- Sofort verschlüsseln und für immer wegsperren! --

Szene aus Enigma

Info über Enigma (GB 2001)

Regie: Michael Apted

Darsteller: Dougray Scott, Kate Winslet, Saffron Burrows, Jeremy Northam, Tom Hollander, Nikolaj Coster-Waldau

Inhalt: Die Briten versuchen unter der Leitung des labilen Genies Tom Jericho im Zweiten Weltkrieg, den hochkomplexen Enigma-Verschlüsselungsapparat der Deutschen zu knacken.

Kritik: Die Liebe ist, so rauscht es weise und sanft aus der Binse, eine Himmelsmacht, die noch den Größten unter uns fortreißt und im Strudel der Gefühle zermalmt zurückläßt. Mann und Frau, Mensch und Tier fallen ihr anheim wie einer heimtückischen Krankheit, und Heilung und Erlösung bringt erst der dunkle Tod.
Schreckhaften oder vorsichtigen Gemütern sei aber vor dem Verlieben ein Besuch von Michael Apteds Enigma angeraten - die quälend brutale und ganz und gar unmenschliche Folter, die dieser Film seinen Zuschauern zufügt, ist einem jahrhundertelangen Aufenthalt im Fegefeuer nicht unähnlich, und nebenbei lernt man eindrücklich, zu welchen wirren Verwicklungen und miserablen Filmen die Liebe führen kann.

Als wären die verwaschenen Bilder, die lustlos dudelnde Musik, der kreuzlahme Schnitt, die Sets aus Wellpappe, die Kostüme aus einer Altkleidersammlung in Nord-Usbekistan und die wahlweise tuntigen, farblosen, verschminkten oder steifen Nebendarsteller nicht genug, übertrifft sich Michael Apted, der bereits den furchtbaren The World Is Not Enough verbrochen hat, in jeder Minute seiner überlangen zwei Stunden mit einer Hitparade aus Peinlichkeiten, die fest von (in dieser Reihenfolge) dem Drehbuch, Dougray Scott, Saffron Burrows, und, man traut sich kaum, es zu schreiben, Kate Winslet angeführt wird.
Was die talentierte, zur Drehzeit hochschwangere Engländerin bewog, in dieser so unsympathischen wie forcierten Räuberpistole mitzuspielen, bleibt unklar, und man möchte es auch gar nicht genauer wissen: zu sehr schmerzt bereits nach wenigen Minuten Winslets fahrige, unkonzentrierte und plumpe Darstellung, die Lichtjahre von ihren Leistungen in Titanic und Jude entfernt ist - genau wie ihr Gewicht (und bedenke, Leser, wer hier schreibt): rammbockähnliche, schweinchenrosane Beine tragen ächzend einen walartigen Rumpf, der so bedrohlich schwankt wie ein mehrfach harpunierter Moby Dick. Obenauf sitzt ein fleischiger Kürbis, in dem mit Mühe winzige Öffnungen für die allernötigsten Sinnesorgane zu erkennen sind, und eine gewaltige Warze droht, sich zu einem zweiten Kopf zu entwickeln. Bleibt zu hoffen, daß wenigstens das aus diesen Fleischalpen entstandene Kind wohlauf ist - Winslets Können ist es hier nicht.

Trotz aller im Wortsinn massiven Probleme aber steckt Winslet Saffron Burrows gleich mehrfach in die Tasche: als blutarmer Männerschwarm mit dem Gang und der mimischen Flexibilität eines Storchs auf der Suche nach Breitmaulfröschen stakst diese durch die Wiesen von Bletchley Park und macht vielleicht den Zuschauer verrückt (vor Zorn), ganz bestimmt aber nicht die allein in ihre kryptographischen Rätsel und Probleme verliebten Wissenschaftler.
Bis auf einen: Tom Jericho alias Dougray Scott, der Mann mit der Ausstrahlung zwanzig Jahre alter Frikadellen, dem Körper Wladimir Iljitsch Lenins (1989) und dem Gesicht eines mehrmals überfahrenen Meerschweinchens, das zuvor in der Toilette weggespült wurde. Schon in Mission: Impossible II stand Scott dem widerwärtigen Egotrip Tom "Rock Hudson" Cruises nicht durch Präsenz oder Talent im Weg, und auch hier fügt er sich, ohne je aufzufallen oder über das Niveau der Darstellerriege einer Lobotomisierten-Selbsthilfegruppe hinauszukommen, in jede noch so absurde Wendung, die sein Charakter mitmacht, und verzieht das Gesicht gräßlich, wenn dieser weinen, und debil, wenn dieser lachen soll, und furchig, wenn dieser prügeln muß.

Sein Charakter nun, ein zu einem ballernden Raufbold und Frauenheld verwandelter, in Wahrheit schüchterner und homosexueller Alan Turing, versucht, mit einigen offenbar nicht weiter interessanten Freunden gleichzeitig hinter das Geheimnis der deutschen Enigma-Verschlüsselungsmaschine und den Spion in den eigenen Reihen zu kommen, was dem Drehbuchautor Tom Stoppard reichlich Gelegenheit zu unerklärtem Kryptographie-Babble, unverfrorener Geschichtsfälschung, unverständlichen Aktenwälz-Sequenzen und konfus-schlaffen Actionszenen mit völlig übertrieben akzentuiert deutsch sprechenden ("Achtung! Senden Sie dies sofort!"), aber natürlich sogleich umkommenden Nazis gibt. Im Verbund mit den bereits besprochenen Unzulänglichkeiten kommt der sich wie gerädert vorkommende Zuschauer so endlich hinter das wahre Enigma dieses Filmes: erst im Tod gibt es Erlösung von und aus diesem fürchterlichen Machwerk.

*von 5 Sternen.

Nach oben