Kritik:
Die Besprechung
von From Dusk Till Dawn bietet eine gute Gelegenheit,
gegen die Zensurpraktiken deutscher Behörden zu
wettern. Als Filmfan kann man sich dabei im Vergleich mit
den Video- und Computerspielefreaks noch vergleichsweise
glücklich schätzen, da jenen jeder Tropfen Blut
und jede Explosion solange wegindiziert werden, bis die
Hersteller extra angepasste Versionen herausbringen, in
denen die feindlichen Soldaten plötzlich zu "Androiden"
geworden sind, die nur noch grün "bluten"...
Aber auch im Filmgewerbe grassiert die Zensurwut: nicht
genug, daß die Hollywood-Regisseure schon im Voraus
solange an ihren Filmen herumschnippeln, bis es zum R-Rating
reicht (warum, steht in der Besprechung von
Showgirls); die deutsche FSK und ihre
Gesinnungsgenossen tun noch dazu alles, um selbst den
über 18-jährigen Zuschauer vor brutalen
Gewaltdarstellungen zu bewahren und gehen dabei mit der
Schere so feinsinnig wie Lorena Bobbitt um - ein Beispiel
ist From Dusk Till Dawn.
Im
eigentlich begrüßenswerten Bestreben, Robert
Rodriguez' Werk möglichst breiten
Zuschauerschichten zu öffnen, hat man offenbar einen
Schimpansen (nichts gegen diese intelligenten Primaten...) mit einer Heckenschere auf den Film
losgelassen und das fertige Zerstörungswerk als FSK 16
deklariert. Statt die überrestriktiven, pedantischen
und völlig humorlosen Richtlinien zu überdenken,
endlich wirksame Alterskontrollen an den Kinokassen
einzuführen oder wenigstens einmal darüber
nachzudenken, was die wirklichen Ursachen der angeblich
zunehmenden Gewalt sind, konnte man so im gewohnten Trott
fortfahren - daß der Film dabei nur noch eine einzige,
seelenlose Trauerweide ist, hat offenbar keinen
interessiert. Angefangen vom - im Zensurwahn gleich
mitgeschnittenen - "Pussy"-Monolog über diverse
Pfählungen bis zu den einschlagenden Effekten
verschiedener Waffen fehlt fast das
ganze Titty-Twister-Massaker in der gekürzten
Version, und man hat Mühe, der eigentlich klaren
Handlung überhaupt noch zu folgen.
Dabei hat
From Dusk Till Dawn soviel zu bieten: George "ER"
Clooney mit seinen sechs schnellen Freunden präsentiert
sich genauso in cooler Höchstform wie der
unübertreffliche Quentin Tarantino als sein
psychotisch-fußfetischistischer Bruder, Harvey Keitel, Juliette Lewis und
Ernest Liu geben eine prima wehrhafte Familie ab, und was am
verruchten Strip-Auftritt der göttlichen Salma Hayek so
großartig ist, muß man wirklich nur Blinden
erklären. Die Musik von Tito & Tarantula ist
so lässig wie das staubig-trockene Setdesign der
mexikanischen Grenzregion, und die Kamera tut ein
Übriges, um die abgewrackte Bar so gekonnt zum Leben zu
erwecken, daß man fast selbst versucht ist, einen
erfrischenden Drink zu bestellen.
Aber nur fast, denn die Barbetreiber entpuppen sich als
böse Vampire (die Maske ist nicht überragend, aber
auch nicht schlecht), die unseren Helden ans Leder wollen.
Diese wehren sich natürlich und schlachten also die
ganze Nacht lang einen Vampir nach dem anderen in herrlich
originellen, zynisch-persiflierenden und rasanten Action-
und Splatterszenen ab, die natürlich keinen Augenblick
lang ernst gemeint sind, was den Zensoren aber
offensichtlich nicht aufgegangen ist. Wer glaubt denn
außer der FSK wirklich, daß ein zum Turbo-Pflock
umfunktionierter Preßlufthammer eine Gefahr für
die Jugend ist? Zumindest den vampirbißbedingten
Wegfall einiger Mitstreiter zeigt man im Ansatz, um ein
bißchen Kontinuität zu bewahren und erklären
zu können, warum am Ende nur noch zwei blutverschmierte
Hauptcharaktere die explodierende Bar verlassen und ins
Happy-End abzischen, das zumindest den Konsumenten der
ungekürzten Version im Gefühl
zurückläßt, eine bissig-vergnügliche
und überraschend gut inszenierte
Vampir-Splatter-Action-Komödie gesehen zu
haben.
von
5 Sternen.
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