Kritik:
Die Adaption mehr
oder weniger erfolgreicher Serien für die Leinwand ist
ein Kapitel für sich, in dem es von Fehlschlägen
und Flops nur so wimmelt; selten ist die Zahl der gelungenen
Filme, die es schaffen, sowohl den Geist der Serie zu wahren
als auch eine Geschichte zu erzählen, welche für
den Kinosaal eindrucksvoll genug ist.
Welch ein
Glück, daß Charlie's Angels gar keinen
Geist hat, den es zu wahren gälte: die Abenteuer dreier
stets gut gekleideter Schönheiten, die (im Auftrag ihres
aus unerklärlichen Gründen nur über eine
Sprechanlage kommunizierenden Chefs Charlie) mit weiblichem
Charme und harten Handkantenschlägen komplizierte
Kriminalfälle lösen, sind gerüchteweise von
einer solchen Einfalt, daß die Batman-Serie
aus den Sechzigern daneben wie Macbeth wirkt. Insofern
konnte der Regisseur Joseph McGinty Nichol, der sich gern
McG nennt und wie neuerdings immer mehr
Kollegen (David Fincher, Spike Jonze, Tarsem Singh...) aus
der Videoclip-/Werbefilmbranche stammt, nicht viel falsch
machen; und tatsächlich hat er es geschafft, die
Siebziger-Jahre-Serie auf äußerst
vergnügliche Weise für ein modernes
Publikum aufzubereiten.
Die drei
Schönheiten Alex, Dylan und Natalie, reizend, mit Humor
und sichtlichem Spaß an der Sache von Lucy Liu (aus
der Anorexia-Serie "Ally McBeal"), der mit einem umwerfend sympathischen Lachen gesegneten Cameron "Mary" Diaz
und Drew "drogenfrei" Barrymore verkörpert, werden
von Charlie (mit charismatischer Stimme: John Forsythe)
beauftragt, den entführten Softwarehersteller Eric Xnox
(routiniert: Sam Rockwell) aus den Fängen des
bösen Roger Corwin (herrlich schleimig: Tim Curry) zu
befreien, wobei ihnen Bosley (wie immer köstlich: Bill
Murray) zur Seite steht. In wunderbaren Szenen, die ihre
Rückprojektions- und Matte-Painting-Herkunft
seltsamerweise nicht mal im Ansatz verhehlen, heizen die
drei Engel zu Russell Carpenters (Titanic) stilsicherer Kamera und dem
unglaublich fetzig-gelungenen Soundtrack den
Bösewichten ein, wobei sie ausreichend Gelegenheit
haben, von einem knapp-erotischen Kostüm ins
nächste zu wechseln (Barrymores Lenkrad-Leck-Szene, in
der sie unter dem Rennoverall dem prüfenden Augenschein
nach offenbar nichts trägt, ist nur ein
Beispiel...). In völlig unrealistisch-unblutigen, aber
prima und spannend choreographierten Kampfszenen nieten sie
reihenweise Thugs in Zeitlupe um und schaffen es nach
weiteren hemmungslos übertrieben-unmöglichen
Actionszenen und beschwingten Tanz- und Turnszenen sogar noch, den wahren Übeltätern,
darunter Kelly Lynch, auf die Schliche zu kommen; in einem fulminanten Showdown können sie schließlich nicht nur alle Bösewichte besiegen, sondern auch ihren Chef retten. Nebenbei bleibt auch etwas Zeit für die
Liebe, die vor allem bei Diaz' Beziehung mit einem netten
Kellner für ständige Lacher sorgt. Ein paar
Anspielungen auf zeitgenössische Kinohits (Bullet
Time!) und eine große Portion Selbstironie (LL Cool J beklagt "T.J. Hooker: The Movie"...) dürfen natürlich nicht
fehlen, und so wird Charlie's Angels zu einem
kurzweilig-unterhaltsamen, freudig gespielten, auf technisch
hohem Niveau inszenierten und sich selbst nie ernst
nehmenden Popcornmovie reinster Güte.
Natürlich
könnte man Nichols Film vorwerfen, daß
manche Szenen nur Schauwerte liefern und gar zu locker mit
den anderen zusammenhängen, natürlich könnte
man sagen, daß die Engel bisweilen nur als bessere
Sexhäschen dienen, und natürlich könnte man
behaupten, daß einige Tricks zu sehr als solche
erkennbar sind. Aber weil Charlie's Angels der erste
Actionfilm seit langer, langer Zeit ist, der sich selbst und
seine Protagonisten nicht einmal auf versteckteste Weise
ernst nimmt und so für komplett unbeschwert-pures
Vergnügen sorgt, lassen wir diese Punkte, die eh an
jedem zweiten Film zu bemängeln wären,
ausnahmsweise unter den Tisch fallen und freuen uns dank der
Outtakes sogar über den Abspann hinaus.
von
5 Sternen.
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