Kritik:
Am unverfrorenen Mut zur Peinlichkeit bemißt sich, ob jemand ein wahrer
Mann oder eine feige Maus ist. Also bestellte ich (und
fühlte mich erst danach wie ein schmieriger
Pädophiler) kühl eine Karte für die in
Deutschland seltsamerweise mit einem neuen, natürlich
sinnlosen englischen Titel bedachte Cheerleaderschmonzette
Bring It On und setzte mich ungerührt einige
Reihen vor die weibliche, pubertierende, giggelnd das Kino
beschallende Zielgruppe von Peyton Reeds Werk. Das Leben ist schön.
Daß
der Film höchstens als Foltermethode taugt, war da fast
nebensächlich. Bring It On wirkt manchmal wie
einer dieser verkappten Army-Rekrutierungs-Schinken, so
penetrant werden die Vorzüge des Cheerleaderdaseins
vorgeführt. Die voyeuristische Inszenierung zielt
allerdings seltsamerweise an Nachwuchscheerleaderinnen
vorbei und wendet sich eher an heimliche Spanner, die es
genießen, jungen, kleingewachsenen Mädchen unter
den knappen Rock zu schauen. An dieser Stelle müssen
ein paar Worte über eine in letzter Zeit zu
beobachtende, beunruhigende Tendenz verloren werden, die
nicht nur Vladimir Nabokov im Grab rotieren läßt:
die Lolitaisierung der Öffentlichkeit. Der Aufschrei
ist jedesmal berechtigterweise groß, wenn wieder ein
Kind Opfer eines Sexualtäters geworden ist. Diese
Verbrechen haben in den letzten Jahren stark abgenommen, dennoch widmen ihnen die Medien weit mehr Raum
als früher. Ein Blick in eben diese Medien zeigt auf, daß es nicht bei dieser einen Sensationslust bleibt: minderjährige sogenannte
Sängerinnen locken unverhohlen mit ihrer angeblichen Jungfräulichkeit, im PC-Spiel "Tomb Raider IV" darf der
geneigte Spieler eine 16-jährige Lara Croft verrenken,
in American Beauty stellt Kevin Spacey der allzu
mager-kindlichen Mena Suvari nach, Anna Kournikova sorgt trotz andauernder Erfolglosigkeit bei jedem Spiel für volle Ränge, und selbst grottigste
TV-Filme finden genug Zuschauer, wenn sie nur "Natalie
MCX: Wieder auf dem Babystrich" heißen. Auch
Bring It On ist zumindest suspekt, und sei es nur,
weil die durchschnittliche US-amerikanische Frau nicht
größer als 1,60 m ist und in jungen Jahren
entsprechend kindlich aussieht.
Die attraktiv-sympathische Kirsten Dunst ist immerhin 1,70 m
groß und erfreut auch hier wieder mit einer
natürlich-ausgewogenen Darstellung und porzellanigem
Teint. An ihrer Seite sind die aus "Buffy" bekannte Eliza
Dushku und Lindsay Sloane, die Valerie aus der Hexenserie
Sabrina. Zusammen quälen sie sich mit einigen anderen,
auf Sparflamme spielenden Kolleginnen durch die recht
ordentlich choreographierten Tanzszenen, zu denen grausam
übersetzte Schlachtgesänge geschmettert werden.
Ein paar platt-vorhersehbare, pseudo-provokative Highschool-
und Tanzgruppenwitzchen (die Bewerber, der Choreograph...)
mit nur einem ganz kleinen Schuß Ironie und eine
08/15-Lovestory mit dem unbegabten Jesse Bradford gibt es im
Laufe der spannungslos abgefilmten, passabel musikalisch
untermalten, in plumpen Dialogen stereotyp Homosexuellen-
und Schwarzenklischees reproduzierenden, ideen- und
überraschungslosen Handlung auch (gegen Ende sinkt das
Niveau sowohl des Filmes als auch der Scherze, was zu
manchen von American Pie und Konsorten inspirierten
Körperausscheidungsscherzen und zum erwarteten Sieg der
aschenputtligen Außenseiter führt), aber der
Schwerpunkt liegt in der durch schlüpfrige Anspielungen
unterstützten Betrachtung halb entblößter
Schülerinnen, die für Besucher eines
US-Footballspiels völlig normal zu sein scheint. Der
Abspann schließlich erlöst den sich schon ganz
schmutzig vorkommenden Zuschauer und zeigt als kleines
Schmankerl sogar noch ein paar (unsinnigerweise
mitsynchronisierte) Outtakes, die Bring It On
freilich auch nicht mehr gut machen.
von
5 Sternen.
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