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Das Boot

-- Das Vorbild --

Szene aus Das Boot

Info über Das Boot (D 1981)

Regie: Wolfgang Petersen

Darsteller: Jürgen Prochnow, Herbert Grönemeyer, Klaus Wennemann, Martin Semmelrogge, Claude-Oliver Rudolph, Uwe Ochsenknecht

Inhalt: Die Abenteuer von U 96 im Zweiten Weltkrieg.

Kritik: Auch wenn Lothar-Günther Buchheim, der reizbare Autor von Das Boot, mitunter über Wolfgang Petersens Verfilmung polterte: Das Boot ist nicht nur einer der besten Filme der Achtziger, sondern auch bis heute der unbestrittene und an Spannung, Atmosphäre, Realismus und Schauspielleistungen unerreichte Maßstab für jeden weiteren U-Boot-Film. Mit diesem Film hat Petersen sein Meisterwerk abgeliefert, das er bis heute nicht toppen konnte - er scheint vielmehr immer weiter in den Abgrund zu sinken.

Bis auf Heiner Lauterbach und Götz George, die glücklicherweise nicht an Bord sind, hat Petersen so gut wie alle männlichen deutschen Schauspieler in sein originalgetreues U-Boot-Modell gestopft und sie gezwungen, so zu leben und zu agieren wie echte U-Boot-Fahrer: von der gewollten Blässe über die buschigen Bärte bis zur richtigen Art, durch ein Schott zu laufen, wurde den Akteuren alles abverlangt, was dem Realismus diente. Herausgekommen ist ein unglaublich akkurates Bild der "Grauen Wölfe", das von der Wandlung milchgesichtiger Matrosen zu müden Seebären (man vergleiche die Bilder der Abfahrt mit denen der Ankunft) über die richtige Art, Mützen zu tragen bis zu physikalisch korrekten Schäden durch Wasserbomben alles enthält, was auch den brummeligsten Kriegsveteranen zufriedenstellt.

Auch tricktechnisch hat Petersens Crew ganze Arbeit geleistet: die Modelle explodieren glaubhaft im Atlantik, die U-Boot-taucht-auf-Szenen zur durchgehend genialen Musik von Klaus Doldinger sind schon heute legendär, und selbst die "Not yet!"-Einstellungen auf der gischtumspülten Brücke des Bootes verraten erst auf den zweiten Blick ihre Herkunft aus dem Studiobecken. Dazu kommt die engagierte Kamera des bekannten Jost Vacano (heute Paul Verhoevens Kamerafaktotum), die immer dicht an den Schauspielern bleibt, und fertig ist eine Atmosphäre der Spannung und Klaustrophobie, die ihresgleichen sucht und mit vielen Szenen lebhaft im Gedächtnis bleibt: Prochnows Blick am Ende, der Panikanfall des Maschinisten, die brennenden Überlebenden auf dem torpedierten Schiff...

Zur packenden Atmosphäre tragen ganz wesentlich die exzellenten Schauspieler bei, die allesamt über sich selbst hinauswachsen. Die seltsame Entscheidung, den Sänger Herbert Grönemeyer als Buchheims alter ego zu casten, rechtfertigt sich durch dessen intensives Spiel, das freilich auf wenige Momente beschränkt bleibt - meistens schaut Grönemeyer nur der Besatzung zu, die mit Klaus "Fahnder" Wennemann einen fähigen Ingenieur und mit Hubertus Bengsch und dem Alkoholiker Martin Semmelrogge zwei Offiziere hat, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auch Claude-Oliver Rudolph und einige andere Besatzungsmitglieder kommen nicht zu kurz - Das Boot gesteht jedem seiner Protagonisten eine Menge Raum zu, was sich in den vielschichtigen, lebendigen und komplexen Charakteren niederschlägt.
Am meisten Raum erhält natürlich der Kapitänleutnant, von Jürgen Prochnow berauschend gut gespielt. In seinem narbigen Gesicht spiegeln sich glaubhaft die Schrecken des Krieges und die Bürde des Kommandos, und die Szene, als er den vorher ausgeflippten Maschinisten für seine Arbeit lobt, ist eine von vielen, die lange in Erinnerung bleiben. Prochnow gibt seinem Alten genau die richtige Mischung aus Autorität und Kumpelhaftigkeit, die auf einem U-Boot, auf dem Dutzende Männer für Monate zusammengepfercht waren, wohl angemessen ist, und trägt so weiter zur Wirklichkeitsnähe von Petersens Film bei.

Die wahre Geschichte gibt eindrücklich wieder, wie wahnsinnig der Krieg war. Die Idiotie, fünfzig Menschen in einer Blechzigarre - mit wenigen Zentimetern Metall zwischen ihnen und dem nassen Tod - auf der Suche nach Konvois durch den Atlantik gondeln zu lassen, der Besuch der wie deplaziert wirkenden U-Boot-Fahrer in der anderen Welt von Günter Lamprechts Schiff, der unerträgliche Dreck und die tödliche Langeweile an Bord, die nur von nervenaufreibenden Phasen der ASDIC-Angst unterbrochen wird, die Beschimpfungen der aufgeblasenen Goldfasane durch Prochnow und die Begrüßung durch eben einen der weltfremden Goldfasane bei der Heimkehr machen deutlich, wie sehr der Irrsinn ein ganzes Land erfaßt hatte. Daß selbst die scheinbar glückliche Rückkehr nach einer Fast-Versenkung nicht das Happy-End, sondern nur eine Episode im endlosen Krieg ist, machen die letzten Szenen etwas melodramatisch klar, und so verbleibt Das Boot als ein wirklichkeitsgetreues, bewegend gespieltes und erschütternd eindringliches Antikriegsdrama - daß der Film aus Deutschland kommt und dennoch so eindeutig gegen den Krieg und seine Verursacher Stellung bezieht, ist noch ein zusätzlicher Pluspunkt.

*****von 5 Sternen.

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