Kritik:
Zum Glück bin
ich kein Regisseur geworden. So ist mir eine Apokalypse
erspart geblieben, wie sie Francis Ford Coppola beim Dreh
von Apocalypse Now widerfuhr: der ursprünglich
auf wenige Wochen angelegte Drehplan verlängerte sich
um vierzehn Monate, weil die Kulissen zerstörende
Stürme, eine Herzattacke von Martin Sheen, ein
renitenter und schlecht vorbereiteter Marlon Brando,
widerspenstige Einheimische und zugekokste Nebendarsteller
jeden Drehtag zu einem Purgatorium machten. Daß
dennoch so ein beeindruckendes Ergebnis dabei herausgekommen
ist, spricht für Coppolas Talent - auch wenn er
während des Drehs über 50 Kilo verlor.
Der
ausgebrannte Captain Willard, von Martin Sheen intensiv
monologisierend und abgestumpft gespielt, ist in Vietnam
(gedreht auf den Philippinen), um den desertierten Oberst
Walter E. Kurtz auszuschalten. Das Militär verzeiht
seinem verlorenen Sohn Kurtz, der einst die besten Chancen
hatte, den Mord an vier vietnamesischen Agenten nicht. So
also bricht Willard mit einem Patrouillenkutter und vier
durchweg glaubhaft wild, ängstlich oder drogenbenebelt
dargestellten Kameraden, darunter einem jungen Laurence
Fishburne, gen Norden, nach Kambodscha auf, wo sich Kurtz
versteckt. Den ganzen Film lang begleitet uns dabei Willards
rückblickender, manchmal etwas zu pathetischer
Kommentar, der seine ganze Desillusioniertheit und die
Sinnlosigkeit des Krieges bedrückend
nahebringt.
Fast
dampfende Dschungelaufnahmen von Vittorio Storaro, die grell mit den
signalfarbenen Leuchtraketen und Explosionen kontrastieren,
atmosphärische, beinahe surreale Nachtaufnahmen mit
hellen Scheinwerferlichtern und weite Landschaftsaufnahmen
bilden den visuellen Rahmen für Willards Reise in den
tiefsten Dschungel, an immer wahnsinnigeren Szenarien
entlang. Er begegnet dem zackig-sadistischen, von Robert
Duvall meisterhaft porträtierten Surffreak Lt. Col.
Kilgore, der bei seinen Hubschrauberangriffen gern Wagner
spielt und den Geruch von Napalm am Morgen liebt. Er sieht
eine Frontgala, bei der extra eingeflogene Playboy-Bunnys
fast von den johlenden Soldaten in Stücke gerissen
werden, und beobachtet das von LSD beschleunigte
Verrücktwerden seiner Mannschaft. Zusammen mit der
erinnerungswürdigen Musik wird so immer beklemmender
die Zerstörungskraft des Wahnsinns Vietnam deutlich,
der Ende der Sechziger auf seinem mörderischen
Höhepunkt war.
Schließlich
erreicht Willard Kurtz' Sanktuarium, eine verfallene
Tempelanlage in Kambodscha, und findet einen Gedichte
lesenden, von seinen Anhängern abgöttisch
verehrten, vom "rechten" Weg abgekommenen Colonel, dessen
Tage gezählt sind. Marlon Brandos packende und
eingehende Darstellung und die immer bessere Kamera machen
den letzten Akt noch einmal besonders spannend, bis er mit
einem rauschenden Fest und dem unausweichlichen Ende, dem
einzigen, das Willard so etwas wie einen Sinn in seinem
Leben bewahrt, in finalen Explosionen aufgeht. Während
so im Vordergund die Credits ablaufen, machen die von Napalm
verbrannten Wälder im Hintergrund noch einmal deutlich,
wie der Krieg alles Leben abtötet, ohne Sieger und ohne
Helden.
1/2
von 5 Sternen.
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